Samstag, 11. Oktober 2014, 12:25 Uhr
Literatur an Bord

Literatur an Bord der GROSSHERZOGIN ELISABETH

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Am 3. Oktober veranstaltete der Verein Literaturplus Wesermarsch e. V. seine zehnte Schiffslesereise auf der Weser. Sie wurde von der Stiftung der Oldenburgischen Landesbank gefördert.

Nordenham / Elsfleth Bei sonnigem Wetter legte die GROSSHERZOGIN ELISABETH unter dem Kommando von Kapitän Nico Krumbeck  in Elsfleth ab, um Kurs auf Bremerhaven zu nehmen. Der Tagestörn stand dieses Mal unter dem Motto Frauen und Seefahrt. Ursula Feldkamp, langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven, moderierte die Lesungen, indem sie besonders auf den Wandel der sozialen Stellung der Frauen an Bord hinwies. Noch in diesem Jahr wird ihre Doktorarbeit über Frauen auf Frachtsegelschiffen im Zeitraum von 1850-1939 veröffentlicht.

Simone Kahlow, auch sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Schiffahrtsmuseum und darüber hinaus eine hervorragende Vorleserin, trug zunächst Passagen aus dem Buch EINE FRAU FUHR MIT vor. Es beruht auf den Tagebüchern, die die junge, Mimi genannte, Wilhelmine Leverkus in den Jahren 1882-85 geführt hatte, als sie ihren Mann, Ernst Leverkus, an Bord eines kleinen Elsflether Handelsschiffes durch die Welt begleitete. Es waren die schönsten und abenteuerlichsten Jahre ihres Lebens. Mimi schildert, realistisch und humorvoll, ihr Leben als junge Kapitänsfrau und Mutter eines Sohnes. Dabei berichtet sie über den Schiffsalltag, aber auch über Besonderheiten wie den Ausbruch des Vulkans Krakatau in Indonesien und über einen Schicksalsschlag wie den Verlust des zweiten Sohnes, der kurz nach der Geburt an Bord starb.

Hildegard Morche erlebte die Ehe mit einem Seemann problematischer. Wegen der ablehnenden Haltung vieler Reeder einerseits, wegen beruflicher und familiärer Verpflichtungen andererseits konnte sie jahrelang nur selten und kurzfristig mitreisen. Die Hoffnung, daß ihr Mann, ein Funkoffizier, die Seefahrt nach der Heirat aufgeben würde, hatte sich nicht erfüllt. Obwohl auch er unter den Trennungen litt, war die Arbeit auf See für ihn eine Berufung. Schließlich, Ende der 60er Jahre, akzeptierten Frau und Kinder seine Einstellung, da sich dann die Möglichkeit des Mitreisens für alle Familienmitglieder bot. Nach dem Tod ihres Mannes dokumentierte Hildegard Morche ihre Erfahrungen in dem zugleich anrührenden und unterhaltsamen Buch SEEMANNS BRAUT IST DIE SEE, aus dem Simone Kahlow verschiedene Passagen vortrug.  

Hannelore Engelken, eine ehemalige Schiffsfunkerin, war aus Hamburg angereist. Sie las aus ihrem Buch ZWISCHEN HAMBURG UND YOKOHAMA, das sie auch selbst  kommentierte. Zu Beginn führte sie den Zuhörern auf einer Morsetaste ein Funksignal vor. Hannelore Engelken war im Dienst der Handelsmarine von 1970-77 auf allen Weltmeeren unterwegs. Da sie sich zumeist als einzige Frau unter Männern bewegte, mußte sie eine gewisse Distanz zu den Bordkollegen wahren. In ihrem Buch schildert sie, außer ihren Erlebnissen auf See, auch einfühlsam das nicht immer leichte Zusammenleben mit der Schiffsbesatzung, die sich aus Angehörigen verschiedener Nationen zusammensetzte. Freier fühlte sie sich immer dann, wenn sie gemeinsam mit ihrem Ehemann und Vorgesetzten, Kapitän Horst Engelken, reisen konnte.  

Zwischen den Lesungen setzte die Akkordeonistin Mariska Nijhof besondere Akzente. Sie spielte Musikstücke der klassischen Moderne, darunter einige Kompositionen für Jazz-Akkordeon, ein irisches Medley und ein Stück aus der Klezmer-Musik. Außerdem sang sie ein türkisches Seemannslied, das die Zuhörer besonders berührte.

Ein strahlender Sonnentag, das ruhige Gleiten des Schiffes, maritime, mit sachkundiger Moderation verbundene Literatur aus weiblicher Sicht, Musik aus verschiedenen Kulturkreisen, der Aufenthalt an Deck in den Pausen und gute Verpflegung, all das hatte sich für die Teilnehmer des Lese-Törns zu einem stimmigen Erlebnis gefügt.

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