Mittwoch, 29. April 2015, 14:04 Uhr
Kindheitserinnerung / Kurzgeschichte

"Wo die Zigeuner stehen......."

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Wer kennt es nicht, dieses“ Überzeugt sein von der Erkenntnis“, hier bin ich schon mal gewesen , ich habe diese Situationen selbst schon oft erlebt; und bunte Accessoires schmücken so manche Erinnerungen.

Ammerland / Apen

Klauhörn birgt selbst auf den längst verwischten Spuren der Ausfall-Straßen nach Apen und Augustfehn noch winzige Erinnerungsstücke, die die Mentalität der Bewohner andeutungsweise beschreiben.
Die Straßenführung von meinem Geburtsort nach Apen hat viele Kurven, Plätze, Wiesen , Sandwege und Asphaltstraßen sowie auch Wasserläufe angelehnt
Inmitten der vielen kleinen Wege, direkt im Herzen der ammerländischen Natur, scheint noch die Milchstraße neben der Eichenstraße die dominantere unter der vielen kleinen Wegen und Querverbindungen zu sein. Sie haben in  den vergangenen Jahrzehnten mit einer Asphaltierung allerdings wertvolle Bedeutungen in der Verkehrssituation dieses ländlichen Bereichs bekommen.  

Ich habe mich kürzlich mit dem Straßenabschnitt zwischen Cirkuhlstraße und Mühlenbach am Anfang von Apen beschäftigt.
Ob „Roggenmoor „ noch die richtige Bezeichnung ist, das glaube ich wohl, beschwören kann ich es nicht, weil früher zu meiner Zeit nie eine konkrekte Bezeichnung für dieses Weg-Stück genannt wurde und wenn, dann nur: „wo die Zigeuner immer stehen“.
Das fiel mir dazu auch ein und deshalb habe ich mich etwas mehr mit diesem Stück „Zwischen- den – Orten“ beschäftigt.
Immer noch begegnet mir nicht nur Ruhe, absolutes Natur-Panorama und soviel frische Luft, nein, auch die Einsamkeit dieses Abschnitts ist auf einmal wieder da, genauso wie das Brennen in meinen Augen, kurz bevor man den Tränen freien Lauf ließ.
Ich spürte sogar die Angst, die damals in mir war, ein bisschen in mir aufsteigen, als die Erinnerung mir ein klares und seltsam buntes Bild vorhielt.
Hier an dieser Stelle, hier hatte es eine Litfaßsäule gegeben, ich glaube, sie war schon immer dort, jetzt aber fand ich sie nicht mehr vor. Es gibt nur noch diesen eher kleinen Platz, der gerade mal zum Wenden eines Fahrzeugs geeignet ist.
Noch Mitte der 50er Jahre zogen ein paar Mal im Jahr die Zigeuner mit ihren Wagen dorthin,, manchmal 2 Wagen mit Pferden und viel drumrum, manchmal nur einer.
Das sprach sich in unserem Dorf rum wie ein Lauffeuer und ich, die ich mit dem Fahrrad diesen Weg so oft fahren mußte, habe mich so sehr gefürchtet. Ich wünschte mich ganz weit weg, „warum müssen wir gerade da dran vorbei, gibt es keinen anderen Weg“, diese Fragen purzelten durch meinen Kopf, aber es gab keinen anderen Weg, man mußte dran vorbei zum Einkaufen und um andere Besorgungen zu machen.(Die Straße "Am Mühlenbach" hieß früher Moorweg und war ein sandiger, holpriger Weg, auf dem nicht mal ein Fahrrad fahren konnte).
Es gingen wilde Gerüchte um, die Zigeumer nehmen kleine Kinder mit, sie klauen Wäsche von der Leine und vieles mehr.
Und tatsächlich vermutete man dann, wenn man die Kinder auf den Wagenstufen spielen sah, daß der Junge mit den mittelblonden Haaren bestimmt nicht deren eigenes Kind sei, „den haben sie auch geklaut“, waren die Gedanken.
Ich habe sie noch um ein Feuer sitzen sehen, bin mit Tränen in den Augen so schnell ich konnte dran vorbeigefahren, während die Kinder mir i m m e r  etwas nachriefen was meine Angst noch größer machte obwohl ich nie etwas verstanden habe.
Es gab später ein Lied einer großen Künstlerin, die einen Zigeunerjungen besang, ich habe die Sympathie n i e wirklich nachvollziehen können.
Ich habe immer nur die großen schwarzen Augen der Zigeuner und ihre ungepflegte Kleidung gesehen, zwar auch ihre zotteligen Pferde bemitleidet, aber trotzdem einen Hauch von Feindseligkeit gespürt, der wahrscheinlich niemals wirklich vorhanden gewesen ist.

Heute sind Fahrten im Zigeunerwagen Kult und der Stil der Fortbewegung hat etwas Besonderes, aber ich könnte es wahrscheinlich immer noch nicht annehmen, weil ich dieses Gefühl nicht ablegen kann, das man mir eingeredet oder mit auf den Weg gegeben hat?
Ob es heute noch fahrende Zigeuner gibt?
Das W o h e r  und W o h i n  hätte mich heute sehr interessiert und hätte ich sie jetzt, als ich das Foto machte, hier an dieser Stelle angetroffen, ich hätte sie ganz bestimmt danach gefragt, ohne Angst und ohne Vorurteile.

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