Freitag, 09. Oktober 2015, 15:59 Uhr
Aufreger

"Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein........"

643
0
 

Die Umbennung einiger Oldenburger Straßennamen, die ganze Debattierung, Urteile fällen und hohe Kosten verursachende sinnlose Maßnahmen veranlaßten mich zu diesem Artikel. Es fiel mir einfach kein ander Titel dazu ein. Er wurde mir von meinen Gedanken einfach aufgedrängt, aber ich finde ihn für meinen Bericht passend.

Oldenburg / Oldenburger Land
Keiner von uns Menschen hat in seinem Leben immer alles richtig gemacht, irgendwo hat jeder einen Fehler gemacht, seine Mitmenschen vielleicht nicht immer richtig behandelt, und evtl. war man auch auf irgendeinem Weg durchs Leben nicht immer ganz ehrlich.
Sagt man nicht, man soll verzeihen können, daß man aus Fehlern lernt und auch, daß Menschen sich ändern können?
Irgendwann, nach so langer Zeit , (im Prinzip seit Beginn der 30er Jahre)ist keinem mehr damit gedient, wenn man schon lange Verstorbenen die Ehrenbürgerschaft aberkennt und die Nachkommen und Angehören damit „irgendwie" doch auch verletzt; diejenigen, die sowieso nichts mehr damit zu tun haben.
Damit ist das eigentliche Aberkennen dieser Ehrenbürgerschaft, die - wie man weiß - mit dem Tod des Geehrten sowieso ungültig wurde, noch einmal kräftig bestätigt worden, aber gerade das hat mich stutzig gemacht und meine Warum-Fragen noch unterstützt!
Die Zeit seit 1933 bis einschl. 1945, war ein Desaster und alles, was damals an Unrecht passiert ist, vor, während und nach dem Krieg, das hätte so nie sein dürfen, da sind sich wohl alle Deutschen einig.
Ich habe alles, was ich weiß von dieser Zeit und auch vom Krieg nur durch Erzählungen erfahren, aber die Grausamkeiten haben mir trotzdem die Luft zum Atmen genommen, manchmal war ich unfähig zu glauben, wovon man zu mir sprach.
Schon Anfang der 30er Jahre war gerade Oldenburg eine Stadt, in der man die Zugehörigkeit zu nicht weiter genannten Parteien offensichtlich als Vorteil empfand, denn wie ich hörte, hing davon eine Menge ab. Arbeit war wichtig, um die Familie zu ernähren , auf alltägliche notwendige Dinge zu verzichten konnte sich einfach keiner leisten und so gehörte man dazu, zu einer Gruppe Menschen, die mit Sicherheit nicht wußten wie sich die Dinge entwickeln würden.
Wenn der damals vom Volk Gewählte, der sich Führer nannte, seine Befehle ausrief, dann sind sie alle zur Stelle gewesen und haben getan was man von ihnen verlangte, um sich aus Situationen der Verzweiflung ins Leben zurückzuretten. Hätten sie die Befehle nicht ausgeführt, wer weiß schon, was dann mit ihnen passiert wäre. Es hat sicher auch schwarze Schafe gegeben, wie immer im Leben, aber die meisten von damals hatten doch keine Rechte, nur Pflichten, die sie ohne Wenn und Aber ausführen mußten.
Die Personen, die einst die Kultur der Stadt geprägt haben, die etwas getan haben wofür man Ihnen „nach dieser schlimmen Zeit“ eine Ehre erwies, dafür und für nichts anderes sollte es sein. Wen will man hier bestrafen? Ich finde – und das ist meine eigene persönliche Meinung – es ist ein vollkommen überflüssiges Handeln, es kostet viel Geld und ist absolut nicht gerechtfertigt, wenn man noch nach dem Tod derjenigen, von denen man in irgendeiner Ecke eine Verbindung zum Nazitum gefunden hat, noch anfängt zu kehren.
Unser Deutschland hat mit seiner Geschichte in den 30er und 40er Jahren schwere Schuld auf sich geladen, ohne Frage, aber die Menschen , die daran beteiligt waren, haben den falschen Leuten ihr Vertrauen geschenkt.
Finden könnte man in fast jeder Familie irgendwo ein frevelhaftes menschliches Versagen und oftmals auch eine Verbindung mit den Geschehnissen von früher. Wie will man das konsequent und endgültig bereinigen?
Sollte man alles, was man findet umbenennen, wegrationalisieren, wegwischen wie Staub?
Kann man noch die Autobahn benutzen? Auch da gibt es einen Bezug zu dem, der alles so schändlich in den Dreck zog.
Und dabei höre ich immer: Wir leben im Hier und im Jetzt, nicht im Gestern!
Natürlich , wir müssen daran denken und so handeln, daß sowas wie vor und während des letzten Krieges bei uns nie wieder jemand erleben muß, aber diese Umbenennung der Straßen, dieses krampfhafte Suchen nach Dingen, die keiner so gewollt hat und heute keiner mehr ändern kann, das ist meiner Meinung nach, der falsche Weg. Wir können nicht die Namen ausradieren und alles ist wieder sauber? So kann man nicht argumentieren? Das Geld , was diese Aktion bis jetzt schon gekostet hat und noch weiter kosten wird, das könnte man für sinnvollere Dinge verwenden.
Wir waren alle nicht dabei, aber ich bin mir sicher, daß die Menschen am Anfang einer Fatamorgana gefolgt sind, aber am Ende kaum eine Chance auf eine eigene Meinung hatten, sie werden es nicht mehr freiwillig gemacht haben, was man ihnen heute noch anlasten will. Diese Ehr-Aberkennung dürfte – wie schon gesagt – nur noch ein Schlag ins Gesicht für die Angehörigen bedeuten.

In einem Gespräch mit einer Familie aus den Niederlanden entwickelte sich die Frage nach der Einstellung der Niederländer zu den Deutschen, die ja ehedem als sehr belastet galt. (die Gründe sind wohl weitestestgehend bekannt).
Die Antworten, die ich bekam, klangen versöhnlich und ohne Haß.
Daß man einander zwischen den beiden Nachbarländern wieder als Freunde begegnet, das sieht man in der Deutsch-Niederländischen Partnerschaft, an den Besuchern auf beiden Seiten der Grenze, die im jeweiligen Nachbarland als Freunde begrüßt werden und respektvoll miteinander umgehen.
Warum können wir nicht einfach für die Gegenwart und die Zukunft offen sein ? Man muß doch nicht unbedingt immer im Staub der Vergangenheit rumwühlen?

Leserkommentare (0)

Melden Sie sich bitte an um einen Kommentar abzugeben.
Passwort vergessen

Artikel schreiben



Bitte warten...
Schon registriert?
Melden Sie sich hier an! Passwort vergessen Anmelden
Noch nicht mit dabei?
Registrieren Sie sich hier! Registrieren

Von Lesern für Leser

Dieses Portal bietet allen Lesern die Möglichkeit, eigene Beiträge und Bilder zu veröffentlichen. Es handelt sich nicht um Beiträge der Nordwest-Zeitung, die Beiträge werden nicht vorab geprüft.

Feedback

Sie haben einen Fehler entdeckt oder einen Verbesserungsvorschlag? Schreiben Sie uns!

Suchen in der N@chbarschaft

Die Autorin