Samstag, 17. Januar 2015, 17:02 Uhr
Vareler Papierkorb

Die alte Bahnhofsbrücke mit viel Charme und Erinnerungen.

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Nach 77 Jahren durch ein Provisorium ersetzt.

Varel/Hafen Da war damals zunächst ein hölzernes Gerüst (erbaut 1867), das die Vareler Stadtteile beiderseitig der Bahn verband. Man nannte sie Bahnbrücke, weil sie fast so aussah wie eine Brücke. Die Stützbalken und Bohlen waren dauernd morsch gewesen. Auf dem Belag waren häufig beachtlich große Löcher, so daß schon große Schritte erforderlich waren um nicht durchzufallen. Außerdem konnte man durch diese Löcher die Reisenden in den darunter fahrenden Zügen sitzen sehen. Der Vareler Bauunternehmer Fritz Brunken (heute E.u.H. Brunken) mußte mit seinen Zimmerleuten regelmäßig jedes Jahr diese Brücke reparieren, bis sie endlich 1913 abgerissen wurde und durch eine neue Bahnbrücke ersetzt wurde.
Jede Menge Holzgerüste und Holzverschalungen dienten zur späteren Stahlbetonbaukonstruktion der 25m langen Überspannung des neuen Bauwerkes. Die Straßendecke bestand zunächst aus Pflastersteinen, später wurde diese mit einer Asphaltdecke überzogen. Die beidseitigen Gehwege waren in Mosaik-Klinker gepflastert. Durch schmiedeeiserne Gitter wurden die Passanten beim überqueren zur Schienenseite geschützt. Zur Fahrbahnseite sicherten Eisenrohre zwischen den Betonsäulen die eventuellen Gefahren ab. Zur Zeit der Dampfloks war das Verweilen auf der Brücke das reinste Erlebnis. Minutenlang war man in den Dampfwolken eingehüllt.
Zum Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Bahnhofsbrücke an allen vier Ecken vermint. Unzählige elektrische Schnürre sollten die Sprengung der Brücke auslösen, falls die Alliierten vom Osten her nach Varel einmaschieren wollten, oder auch den Schienenverkehr benutzen sollten. Glücklicherweise ist es nie zu einer Sprengung gekommen.
Unter dem enormen Personen- und Lastverkehrzuwachs der Ost-West-Verbindungen wurde die Bahnhofsbrücke nicht nur zu einem Nadelöhr, sondern auch zum großen Sicherheitsrisiko. Im Jahr 1970 verordnete der Landkreis schon eine Gewichtsbeschränkung von 24 Tonnen auf 12 Tonen runter. Die Bahn bestätigte dieses Vorgehen mit dem Zitat: "Wir haben die Tragfähigkeit der Bahnhofsbrücke untersucht, die Anordnung von zwölf Tonnen ist berechtigt!" Im Jahr 1979 machte die Stadt Varel der Deutschen Bahn auf eine nicht mehr auszureichende Breite des Bauwerks aufmerksam, sowie auch die Gefährdungen der Radfahrer. Nach zähflüssigen Verhandlungen der Deutschen Bahn, der Stadt Varel und dem Landkreis Friesland wurde die alte Brücke im Mai 1991 nach 77 Jahren abgerissen. Das Spektakel ereignete sich in der Nacht zwischen 22.10 Uhr und 7.00 Uhr morgens. Die gute alte Bahnhofsbrücke mit den dunkelgrauen Betonbrückenbögen, die zusammen ein Gewicht von 180 Tonnen besaßen, wurde kurzerhand durch ein Provisorium ersetzt. Dieses Provisorium dauerte wiederum 10 Jahre.
Im Februar 2001 begannen die Bauarbeiten der heutigern Bahnhofsbrücke. In acht Monaten wurde ein Bauwerk in einer Länge von 27 Metern und einer Breite von 6,50 Meter hergestellt. Die neue Brücke sollte auch an das alte legendäre Bauwerk erinnern. Somit wurden die beidseitigen Sicherheitsgeländer an der Bogenform der alten Brücke sehr nah angepasst.
Der eine oder andere fand die alte graue Betonbrücke wahrscheinlich häßlich, aber viele erinnern sich mit Wehmut, auch aus der Kinderzeit herraus, an dieses Bauwerk.
Auch wenn die heutige Brücke architektonisch als auch funktionsmäßig allen Erwartungen gerecht ist, bleibt das "Alte" charmante Bauwerk, die wahre "Bahnhofsbrücke".

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