Sonntag, 15. Juni 2014, 20:39 Uhr
Zwangsarbeit / Gefangene / Lengener Moor

Kriegsgefangenenlager in Neuengland

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1000 Gefangene mußten hier Zwangsarbeit beim Lengener Moor verrichten.

Neuengland Nur wenig ist noch über die Existenz und den Standort des für 1000 Mann ausgelegten Lagers bekannt in der Gemeinde Westerstede, welches vor 99 Jahren errichtet wurde. Einzelne schriftliche Unterlagen in Archiven und Fotos geben ein genaueres Bild. Eine Ausführungszeichnung vom 12. Juli 1915 für das Kriegsgefangenenlager „Lengener Moor“  in Neuengland zeigt auf dem Plan oben und links die Birkenstraße sowie unten die Neuengländer Ringstraße (das Gehöft oben heute Henkensiefken).  Im oberen Teil des Plans sieht man die Unterkünfte für die Wachmannschaften, links eine Elektrizitätszentrale und Räume zum Waschen/Duschen und dann zum Trocknen, weiter im unteren Teil das eigentliche Lager, zwei Baracken für je 500 Mann. Dazu ein kleines Arrestgebäude, die Kreuze verdeutlichen die Beleuchtung des Lagers. Wie wurde nun das Lager mit 1000 Gefangenen und Wachmannschaften versorgt? Hierzu übertrug das Oldenburger Proviantamt in einem siebenseitigen Vertrag im August 1915 dem Norddeutschen Lloyd in Bremen die Verpflegung. Pro Gefangener mußten täglich morgens ein ¾ Liter Kaffee oder eine Suppe aus Kartoffeln, Graupen oder ähnlichem geliefert werden. Mittags folgte mindestens 1 Liter gutsättigendes, zusammengekochtes Essen dessen Zusammensetzung vorgegeben war, z.B. bei Fleisch mußte 180 Gramm frisches Rindfleisch enthalten sein oder alternativ u.a. 80 Gramm Speck . Wurde kein Fleisch verwendet wurden Mahlzeiten mit Fisch, „Fett“ und Gemüse näher ausgeführt. Bei Gemüse konnten auch Kartoffeln alleine mit 1250 Gramm gebracht werden. Abends gab es dann üblicherweise eine Suppe, ein Liter aus Graupen, Reis, Gries oder Grütze mit weiteren Zutaten. Für Wachmannschaften gab es „bessere garnisionsmässige Verpflegung“: mit morgens Kaffee, mittags täglich Fleisch mit frischem Fleisch mindestens 250 Gramm. Unteroffiziere und Offiziere erhielten dann noch ein besseres Essen. Der Norddeutschen Lloyd erhielt dann täglich für jeden Gefangenen 75 Pfennig und für jeden Wachsoldaten 1,20 Mark. Lazarettkranke wurden besonders beköstigt und vergütet. Aus Erinnerungen ist bekannt, daß hier 1000 Gefangene, meist Serben, untergebracht waren. Wahrscheinlich wurden mit Hilfe der Gefangenen vor allem Kultivierungsarbeiten am Legener Moor vorgenommen. Die Baracken gingen nach dem Krieg an das Siedlungsamt Oldenburg, zwei davon wurden an die Gemeinde Westerstede verpachtet als Wohnraum für drei Familien. An Miete waren pro Monat und Wohnung 8 Mark zu zahlen. 1920 gingen die Baracken durch Kauf an die Gemeinde Westerstede. 1926 waren die Baracken noch vermietet und galten als Notwohnung. Heute ist nichts mehr von dem ehemaligen Lager zu erkennen. Es bleibt zu hoffen, daß sich solche menschenverachtenden Zeiten nicht wiederholen.

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