Literatur an Bord der GROSSHERZOGIN ELISABETH
Bericht über die neunte Schiffslesereise von Literaturplus Wesermarsch e. V. Dieses Mal stand die Polarforschung im Mittelpunkt.
Nordenham / Elsfleth - Bremerhaven
Bei mildem Herbstwetter legte die GROSSHERZOGIN ELISABETH am 5. Oktober frühmorgens im Heimathafen Elsfleth ab, um Kurs auf Bremerhaven zu nehmen. Unter den sechzig Literaturinteressierten waren an Bord die Berliner Journalistin Cornelia Gerlach und der Kölner Verleger Jo Lendle, der in Kürze Geschäftsführer eines renommierten Münchner Verlages wird. Beide sind auch Buchautoren. Aus dem Ammerland kommend reisten mit die Musikerin Barbara Andrae und Manuel Bunger, der akustisch für den guten Ton sorgte. Die Moderation oblag Markus Scharrer, seit März diesen Jahres stellvertretender Vorsitzender von Literaturplus Wesermarsch e. V. Die Fahrt wurde wieder von der Stiftung der Oldenburgischen Landesbank gefördert.
Dieses Mal war die Polarforschung Thema der Lesungen. Cornelia Gerlach veröffentlichte im letzten Jahr ihr Buch PIONIERIN DER ARKTIS über Josephine Peary, die Frau des amerikanischen Polarforschers Robert E. Peary. Seit 1891 begleitete sie ihren Mann auf verschiedenen Reisen nach Grönland, die sie auch schriftlich dokumentierte. Jo Lendles biographischer Roman ALLES LAND über den Meteorologen, Polar-und Geowissenschaftler Alfred Wegener erschien bereits vor zwei Jahren.
Beide Bücher beruhen auf sorgfältigen und langjährigen Recherchen, sind aber weit entfernt vom trockenen Sachbuch und ziehen den Leser in ihren Bann. Beiden Autoren fehlt es nicht an leiser Ironie, und so hatten sie für die Lesungen auch Passagen ausgesucht, die die Zuhörer zum Schmunzeln brachten.
Cornelia Gerlach hatte sich zu ihrem Buch durch ein Foto von Josephine Peary inspirieren lassen, aus dem sie auf die starke Persönlichkeit und den Mut dieser Frau schloß. Im Vorfeld der Expeditionen ihres Mannes hatte sie in großem Stil und erfolgreich Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um dafür Geldmittel aufzutreiben.
Josephine Peary war überzeugt, daß eine Frau auch unter schwierigsten Lebensbedingungen an die Seite ihres Ehemannes gehöre. Sie unterstützte MR. PEARY, wie sie ihn nannte, in seinem Ehrgeiz, den Nordpol zu entdecken, nahm aber selbst nur an den Reisen, nicht an den Expeditionen teil. Beider Haltung gegenüber den Inuit war zwiespältig bis herablassend, obwohl sie gut mit ihnen auskamen und von ihren Überlebensstrategien profitierten. Andererseits befaßte sich JO Peary, die 1893 ihre Tochter Marie in Grönland zur Welt brachte und später mit den Inuit-Kindern spielen ließ, intensiv mit den Lebensgewohnheiten und den Bräuchen dieser ethnischen Gruppe.
Jo Lendle verfolgte seine Idee zum Roman seit den 90er Jahren. Zum einen hatten ihn Alfred Wegeners Gedanken zur Unfestigkeit der Welt fasziniert. Zum anderen interessierte ihn der vielschichtige Charakter des Wissenschaftlers, der schon als Kind wißbegierig gewesen sei und der seine lange nicht anerkannte Theorie zur Kontinentalverschiebung unbeirrbar verfolgt habe. Unbeirrbar bis zur Auszehrung seiner Kräfte war er auch bei seinen beschwerlichen Expeditionen auf dem Inlandeis, deren letzte ihn im November 1930 schließlich das Leben kostete. Jo Lendle sieht in Alfred Wegener nicht nur einen Mann der Geschichte, sondern einen Menschen mit einem ungewöhnlichen Werdegang und einem abenteuerlichen Leben.
Barbara Andrae hat schon mehrfach die Schiffslesungen musikalisch begleitet. Auf dem Akkordeon spielte sie Tänze und melancholische Volksweisen aus verschiedenen Polarzonen wie aus Lappland, Norwegen, Schweden, Finnland und Russland.
Unter der Leitung von Kapitän Paul Dahl und Steuermann Uwe Meyer legte die GROSSHERZOGIN ELISABETH mittags kurz in Bremerhaven an. Das Schiff setzte seinen Weg dann fort zum Containerhafen, bevor es den Rückweg nach Elsfleth antrat. Die Zuhörer hatten zwischen den Lesungen und Mahlzeiten genügend Zeit, um an Deck zu gehen und die vorüberziehenden Uferlandschaften zu betrachten.
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