Skulpturen aus Torf. Ist diese Kunstausstellung einzigartig? Theo v. Garrel-Heimatmuseum Wiefelstede
Der Skulpteur Theo von Garrel hat für seine Arbeiten Torf gewaehlt. Nach den Recherchen von Dr. Ralf Scharnagl bleibt das Verfahren einzigartig. Die Eröffnungsrede zur Ausstellung vom 10.02.
Wiefelstede
In seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung „Theo von Garrel - Skulpturen aus Torf“ sprach Dr. Ralf Scharnagl weitere Talente seines Lehrerkollegen an, bevor er sich den Kunstwerken aus Torf zuwandte. Z. B. das der Künstler als Plattdeutschschriftsteller in der Region bekannt ist.
Mit der Herstellung von Skulpturen beschäftigt sich von Garrel seit über 10 Jahren.
Als der Kunstpädagoge Ralf Scharnagl die Eröffnungsrede vorbereitete, wurde war ihm sofort bewusst, dass er ein völlig neues Gebiet in der Skulptur betreten würde.
Zunächst das Material: Torf. Wir haben hier ein Material, das nach Recherchen Scharnagls in der gängigen Kunstgeschichtsliteratur nicht auftaucht. Im Gegensatz, beispielsweise, zu Fett und Filz oder Blütenstaub. Als Theo von Garrel begann Skulpturen herzustellen suchte er zunächst ein Material, das in der Region vorkommt. Er blieb beim Torf, einem unter Luftabschluss als erste Stufe der Inkohlung vor allem in Mooren gebildetes Zersetzungsprodukt überwiegend pflanzlicher Substanzen. Der im Lexikon so beschriebene Stoff Torf ist im Cloppenburger Land ein seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden vielseitig verwendeter Rohstoff: als Brennstoff, zur Bodenverbesserung und früher, wie im Museumsdorf zu besichtigen, auch als Dämmstoff. Seine Beschaffenheit und seine Feuchtigkeitsanfälligkeit lassen ihn ähnlich wie Ton zunächst nicht als geeigneten Skulpturenrohstoff erscheinen. Im Gegensatz zu Ton kann man Torf allerdings nicht durch Brennen wetterfest machen.
Die Vorteile von Torf liegen für Theo von Garrel auf der Hand. Es ist ein natürliches Material, das es hier überall gibt. Es ist leicht zu beschaffen, und wenn man, wie er, weiss auf was zu achten ist, gibt es den Torf sogar in verschiedenen Farben und Qualitäten.
Theo von Garrel mußte nur noch einen Weg finden, dieses relativ weiche, poröse Material für seine Arbeit zu nutzen. Nach einer Reihe von Versuchen kam er auf eine Methode, die eine Mischung aus, wenn Sie so wollen, Töpfern und Pappmachéearbeiten, darstellt. Zuerst muss der Torf vollkommen getrocknet, gemahlen und durchgesiebt werden. Wenn hier die richtige Körnung vorliegt kann das Ausgangsmaterial mit Wasser gemischt werden - Torfmachee -. Danach werden die Skulpturen aber ähnlich wie beim Töpfern durch Drücken und Kneten hoch verdichtet. Als Werkzeuge für die Skulpturenarbeit benötigt Theo von Garrel dann als wichtigstes Werkzeug seine Daumen. Weitere Werkzeuge finden sich in jeder Küche, also auch hier wieder das Naheliegende suchen und mit einer neuen Aufgabe oder Bedeutung versehen.
Aufgrund der Trocknungszeiten des Torfes, der nur schichtweise aufgetragen werden kann, nimmt die Gestaltung einer Skulptur immer mehrere Wochen Arbeit mit entsprechenden Pausen in Anspruch. Hier wird der schnelle Schnitt oder Schlag, wie er zum Beispiel bei Steinskulpturen vorkommt, durch Zwangspausen aufgrund des Materials verhindert. Jeder weitere Schritt nach der Anfangsphase einer Arbeit hatte Zeit zu reifen, in Frage gestellt zu werden, verändert zu werden oder sich als richtiger Schritt in den Gedanken des Künstlers festzusetzen. Dieser Arbeitsprozess führte dazu, dass ich als ich die ersten Bilder seiner Arbeiten sah sofort an Bronze- oder Metallguss, als mir bekanntes Material, aber nicht an Torf, dachte. Der Arbeitsprozess bis zum Endergebniss der Bronzeskulptur ist ebenfalls langwierig und immer wieder durch materialbedingte Pausen unterbrochen. Diese Pausen, in denen der Künstler überlegen kann, ja oft muss, wie die Skulptur fortgeführt werden soll führt bei vollkommen verschiedenen Materialien zu verblüffend ähnlicher Außen- und Tiefenwirkung.
Mittlerweile hat Theo von Garrel seine Arbeitsweise weiter verändert, vielseitiger gestaltet. So sehen Sie hier neben Kompakten auch in ihrer Wandstärke sehr dünne Figuren, die nun wieder stärker an Stoffe erinnern. Die Biegungen der Außenwände werden über den Trocknungsprozess gesteuert, den Theo von Garrel hier so beeinflusst, dass bestimmte Formen eher entstehen als andere. Die „Mantelfiguren“ stellen eine weitere Stufe im Schaffen des Künstlers dar.
Eine materialbedingte Eigentümlichkeit der Skulpturen ist, dass sie keine Gesichter aber Haare haben. Trotzdem, und ohne Gesichter ist das viel schwieriger, ist es Theo von Garrel gelungen den Figuren individuelle Ausdrücke zu geben. So wie sie stehen oder sitzen. Ihre Haltung drückt die verschiedensten Empfindungen und Gefühle, wie Zuneigung, Freude und Skepsis aus. Außerdem stellen die Figuren Menschen in verschiedenen Altersstufen dar. Auch dies eine Eigentümlichkeit des Materials. Je älter eine Skulptur ist, desto älter sieht der dargestellte Mensch aus. Dies geschieht ebenfalls durch weitere partielle Schrumpfung des Materials.
Bis zum 10. März haben Sie noch Gelegenheit, die leider unverkäuflichen Skulpturen in Wiefelstede
zu betrachten.
Das Heimatmuseum Wiefelstede
hat am Sonnabend von 16-18 Uhr
und Sonntags von 14-18 Uhr geöffnet.
Oder nach Vereinbarung: Tel.: 04458-628
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