Die "Alten" von heute sind auch nicht mehr die, die sie einmal waren.
Gedanken zum Generationenkonflikt
Apen / Augustfehn/Wilhelmshaven
Gestern saß ich mit meiner Tochter (10) in der Stadthalle in Wilhelmshaven im Konzert des Bournemouth Symphony Orchestra.
Es wurde P.I. Tschaikowsky - Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64 geboten.
Alles in Allem eine sehr anstrengende Veranstaltung für meine Tochter, die eine solche Veranstaltung noch nie besucht hatte, gestern aber das Angebot der Europaschule Westerstede, die einen Musikzweig unterhält, wahrgenommen hat, um eine andere Seite der Musik kennenzulernen.
Es gibt ein Leben jenseits von "Zappelbunkern" und Facebook und ja, es gibt noch handgemachte, echte Musik.
Sich ruhig verhalten, leisen Tönen lauschen, die dann immer lauter werden bis dann das gesamte Orchester regelrecht explodiert und jeder Musiker versucht auch noch das Allerletzte an Leistung auch seinem Instrument zu quetschen, war für meine Tochter eine neue Erfahrung.
Doch... In der Pause...
Dem älteren Paar in der Reihe hinter uns hat die Anwesenheit der Kinder wohl nicht so gefallen. Immerhin waren es fast fünfzehn Kinder.
Sie: "Also diese Kinder... das ist ja eine Zumutung..."
Ich fragte mich "Für wen? Für die Kinder?" doch dann begann sie weiter zu mosern.
"Ich kann das Stück gar nicht richtig genießen, immer diese Kinder... sag doch mal was!" wandte sie sich an Ihren Partner.
Dieser erwiderte nüchtern: "Hmmmm"
"Guck doch mal," fuhr sie fort "die toben hier doch nur die ganze Zeit rum. Und laut sind die"
"Tja," dachte ich mir "es ist ja auch Pause und so viel lauter als das Stimmengewirr und Gelächter der Erwachsenen sind sie auch nicht. Nur eben heller, die Stimmen. Deshalb werden sie sich wohl vom Rest abheben."
Ich versuchte die Zeit vor der Pause kritisch retrospektiv zu betrachten. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so leise waren die Kinder gewesen. Viel störender waren da die ständigen Hustenattacken einiger Erwachsener und eben diese Nörgelei.
Insgeheim habe ich darauf gehofft angesprochen zu werden. Innerlich bereitete ich mich bereits zum verbalen Schlagabtausch vor.
Wenn denn die Anwesenheit der Kinder optisch, denn akustisch waren sie nicht wahrnehmbar, als so störend empfunden wird, warum schliessen sie nicht die Augen? Im übrigen wird so die Musik auch viel intensiver wahrgenommen und optische Reize lenken nicht vom wesentlichen Inhalt, dem Klang, ab.
Kinder haben, wie Berufstätige und Rentner ihren Platz in der Gesellschaft verdient.
Je eher wir sie mit Möglichkeiten vertraut machen, sich in einem sozialen Umfeld zu bewegen um so eher können sie entscheiden welchen Weg sie gehen möchten. Das ist eine Form der Aufklärung. Natürlich kann man dabei versuchen in eine bestimmte Richtung zu wirken. Aber mit Auferlegung von Ver- bzw. Geboten wird man nicht viel erreichen.
Im übrigen... vor dem Hintergrund des demographischen Wandels werden es eben diese Kinder sein, die dafür Sorge tragen, daß mindestens zwei Generationen im Alter versorgt werden, also bei steigender Lebenserwartung eben auch die Herrschaften in der Reihe hinter uns.
Es ist die Gesellschaft, die unsere Kinder erzieht. Die Medien leisten hierzu einen großen Beitrag. Wir Eltern können immer nur reagieren, bestimmte Aussagen aus Fernsehen und Internet relativieren oder negieren.
Wir müssen Alternativen aufzeigen, Kindern das Spielen beibringen, bevor sie zu Couchpotatos mutieren.
Als ich Kind war habe ich von "den Alten" immer gehört "Die Jugend von Heute ist auch nicht mehr das, was sie früher mal war."
Ich behaupte: Es ist genau umgekehrt. "Die Alten von heute sind nicht mehr die, die sie enmal waren," ...jung.
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