Dienstag, 06. Dezember 2011, 11:00 Uhr
Der Augustfehn-Kanal

Der Augustfehn-Kanal - Enstehung und Besiedlung

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Der Augustfehn-Kanal. Die Entstehung des Kanals, die Aufteilung in Kolonate und deren Besiedlung durch die ersten Pioniere im Moor.

Augustfehn Der Augustfehn-Kanal. Die Entstehung und das Leben der Ersten Siedler am Kanal.

Etwa einfünftel des Großherzogtums Oldenburg, welches auch unsere Heimat das Ammerland einschloss, wurde von Mooren bedeckt. Am Rande der Geest ziehen sich das Dangastermoor und das Ipwegermoor bis zum Schönemoor. Die größeren Moore aber liegen auf der Geest im Westen des Großherzogtums. Das Lengener Moor an der Ostfriesischen Grenze, das Vehnemoor am Küstenkanal, das Ostermoor und  das Westermoor im Saterland.

Das Lengenermoor, das in alten Zeiten ein natürlicher Grenzschutz zwischen Ostfriesland und dem Großherzogtum darstellte und das nur in Moorburg (Hollriede) einen Übergang hatte, war für unsere Vorfahren von besonderer Bedeutung. Über viele Jahrhunderte wurde dieses Gebiet nur von Schäfern und zur Jagd genutzt. In dieser unwirklichen Einöde im südlichen Teil entstand durch harte Arbeit von Männern und Frauen unter vielen Entbehrungen die Kolonie Augustfehn.

Entstehungspunkt für unsere Ortschaft Augustfehn war die alte Heerstrasse von Oldenburg, die über Apen, Vreschen-Bokel , Holtgast nach Ostfriesland führte.     Hier wurde im Jahre 1850 die Kolonie Augustfehn gegründet.

Die Anfänge sind aber schon nach der französischen Besatzung 1811 bis 1813 zu sehen. Der Großherzog Peter Friedrich Ludwig kehrte aus der Verbannung zurück und legte sein Hauptaugenmerk auf die Kultivierung von Öd und Moorland.

Diese Pläne wurden ab 1916 zügig umgesetzt. Bauern bekamen Öd und Moorland zur Kultivierung zugesprochen. Der verbleibende große Teil im westlichen Ammerland, so auch das Lengenermoor wurde zu Kultivierungsarbeiten freigegeben.

Dieses war die Stunde des Kaufmanns Friedrich Georg Orth, der schon 1822 die Idee hatte, das Lengener Moor durch einen Hauptkanal und mehrere Nebenkanäle zu entwässern und der Besiedlung zugänglich zu machen. Leider ließen sich die Pläne zu dieser Zeit noch nicht verwirklichen. Zoll und Handelsbeschränkungen aus dem Großherzogtum nach Ostfriesland ließen die Ausfuhr von Torf durch hohe Zölle und die Einfuhr von Dünger (Schlick) nicht zu. Dieses änderte sich im Jahre 1836 durch die Gründung des Deutschen Zollvereins. Ab jetzt gab es Freizügigkeit im Handel zwischen dem Großherzogtum Oldenburg und Ostfriesland, das zu Hannover gehörte.

Im Mai 1837 und im Juni 1838 wandte sich der Visionär Friedrich Georg Orth auch

im Namen Bokler und Hengstforder mit Eingaben an die Regierung mit seinen Plänen

zum Bau eines Kanales, der zur Entwässerung und zugleich für den Abtransport des im Hochmoor gegrabenen Torfes dienen sollte. Diese Pläne wurden am 02. März 1841 durch den Großherzog selbst genehmigt.

Bereits am 26.Mai 1841 wurde unter der Leitung von Geometer (Conducteur) Woebcken der erste Bauabschnitt durch Schumachers (Vr. Bokel) Weide begonnen und die Fertigstellung schon am 04.Oktober 1841 mit Böllerschüssen gefeiert.

Ich nehme an, dass der erste Bauabschnitt bis zum heutigen  Steges Helgen geführt wurde, weil hier der Schiffbauer Stege eine Werft führte.

Weitere vier bis fünf Jahre sollte es dauern bis die weitere Planung des Augustfehn-Kanals jetzt unter der Leitung von Conducteur Woebcken und Conducteur Fimmen beendet war. Im Januar 1847 wurde positiv für den Weiterbau des Augustfehn-Kanal entschieden und bereits im Februar 1847 begann man in zwei Abschnitten mit der Weiterführung, die schon Ende 1847 fertig gestellt wurde. Im Jahr 1848 wurde die erste Zugbrücke über den Augustfehn-Kanal gebaut.



Im Herbst 1850 wurden die ersten fünf Kolonate ausgewiesen und im Dezember erhielt die Kolonie zu Ehren des Großherzogs Paul Friedrich August den Namen

                                                   AUGUSTFEHN.

Die Pioniere, die als erste den Kampf mit dem Hochmoor aufnahmen, waren:

Der Kaufmann Johann Friedrich Orth

Der Arbeiter     Johann Friedrich Janßen

Der Arbeiter     Johann Meyer

Friedrich Frerichs aus Bokel

Renke Wübben Kramer aus Südgeorgsfehn

Friedrich Georg Orth erlebte den Bau des eigentlichen Augustfehn-Kanals und die Gründung der Ortschaft Augustfehn nicht mehr, er starb im Jahre 1848.

Sein Sohn Johann Friedrich Orth war einer der Besitzer der ersten fünf Kolonate.

Die ersten Jahre für die Kolonisten waren sehr schwer, auf den jeweils 90 mal 500m großen Grundstücken musste innerhalb von 5 Jahren jeweils ein Haus gebaut werden.

Mit dem weiteren Ausbau des Augustfehn-Kanal  wurde die Anzahl der Kolonate im Jahr 1854 auf acht erhöht und im Bereich Klefer entstand eine neue Werft .

Im Jahr 1856 brachte die Gründung der Eisenhütte durch die Oldenburgische Eisenhüttengesellschaft mit dem Unternehmer Julius Schultze und dem Konsul Bley aus Varel einen deutlichen Aufschwung. Dieser Aufschwung wurde 1869 durch den

Anschluss von Augustfehn mit eigenem Bahnhof an die neu gebaute Eisenbahnlinie Oldenburg - Leer verstärkt. Hierdurch wurden viele Transportprobleme gelöst.

Da die Lokomotiven und Abteile noch mit Torf geheizt wurden, konnte der Torfabsatz noch erheblich angehoben werden.

Das Jahr 1872 brachte eine weitere Belebung in der Entwicklung Augustfehns. Auf dem Gelände einer Teer und Kohlenbrennerei an der zweiten Schleuse des Augustfehn-Kanal gründeten August Schultze (Sohn des Eisenhüttengründers) und

Johannes Fimmen das Stahlwerk Schultze, Fimmen & Co.

Die Einwohnerzahl Augustfehns wuchs ständig. Im Jahr 1875 wurden bereits mehr Einwohner gezählt als im älteren Nachbarort Apen. 1901 wurde am Steges Helgen eine Molkerei gegründet, um die in der Umgebung gewonnene Milch zu verarbeiten.

Ein weiterer großer Fortschritt war 1907 der Bau eines Gaswerkes; an dieses Gasnetz

wurde auch Apen angeschlossen. Die Siedler am Kanal waren zum größten Teil Selbstversorger. Für sie war es eine Erleichterung, als im Jahr 1906 das Ehepaar Gerhardine und Johann Ripken eine Bäckerei gründeten. Das Getreide, welches sie auf ihren Parzellen erwirtschafteten, konnte hier abgeliefert werden und wurde in Brotmarken verrechnet. Es war ein Vorteil für beide Parteien. Das Getreide wurde ordentlich gelagert und die Grundversorgung der Siedler gesichert.  

Bis 1909 wurden am Kanal weitere 56 Kolonate zugewiesen. Unter den Kolonisten waren viele aus dem  Ostfriesischen, zu denen auch meine Vorfahren gehörten.

Dank des 1900 aufkommenden Kunstdüngers, wurde es für die Siedler leichter, auf dem Moorland Erträge zu erwirtschaften, um so ihre Familien zu ernähren.

Die Pioniere von Augustfehn schafften es: Wo im Moor 1846 nur 1 Haus stand, waren es 1932 etwa 350 Häuser! Da ich diese Zeit nicht persönlich miterlebt habe, basiert dieser Aufsatz auf eigenen Unterlagen, Notizen des Augusfehner Archivs und den Gesprächen mit H. Töbermann, G. Töbermann und K.H. Bruns, denen ich für die Antworten auf meine Fragen danken möchte. Ebenso danke ich den Anwohnern am Kanal für die Fotos, die mir zum Einscannen überlassen worden sind. Dieser Bericht wurde nach bestem Wissen geschrieben. Ich wäre dankbar für weitere Hinweise, Daten, und Bilder.

Bilder zum Art.: Album: Augustfehn-Kanal

Jürgen Schmidt




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