Der Dorf-Alltag von früher, heute gibt es "Tausendschön"
Von Klauhörn zum Einkaufen in die Nachbarorte, das hat sich nicht verändert. Verändert hat sich die Kreativität,der Sinn für Neuerungen und der Stolz,den man als Provinzbewohner lange Zeit nicht offen vor sich her trug, der ist heute sehr viel stärker geworden und das Besondere ist, „man mag ihn auch zeigen"
Apen / Augustfehn
Die dörfliche Infrastruktur beschränkte sich in meiner Kindheit in meinem Geburtsort Klauhörn - in der Gemeinde Apen- weitestgehend auf landwirtschaftliche Anwesen und die dazugehörenden Stallungen, Weiden und Wiesen. Auch der legendäre Misthaufen vor den Stallgebäuden gehörte dazu, der angelehnte breite Holzbalken erleichterte das Hinauffaren mit der Karre, denn mit jeder Fuhre wurde der Haufen höher.
Die Landwirtschaft war ja eigentlich auch die Haupteinnahmequelle, trotzdem konnten nur ganz wenige Bewohner ihren Lebensunterhalt davon ausschließlich und in vollem Umfange gestalten.
Auf ein Nebeneinkommen aus einem Zweitjob in meistens weit entfernt gelegenen Dienstleistungsunternehmen konnte kaum einer verzichten .
In unserer Straße waren ausschließlich für Wohnzwecke genutzte Wohhnhäuser eher selten. Land und Küchengarten deckten immer einen wesentlichen Teil des täglichen Nahrungsmittelbedarfs einer Familie ab.
Alles andere mußte aus den benachbarten Orten besorgt werden. Einkaufsmöglichkeiten gab es in Klauhörn in den 50er Jahren vorerst gar nicht. Irgendwann Mitte der 60er Jahre gab es uns gegenüber einen sogenannten Hausverkauf, wo man dann zumindestens die Grundnahrungsmittel erhalten konnte. Einen kleinen Laden gab es auch in der Nähe der Grundschule in Augustfehn III an der Brücke. Er wurde aber schon Ende der 50er Jahre aufgegeben, weil die Besitzer sich wohnlich veränderten.
Dieses Haus war schon ganz früher mal als Einkaufsladen bekannt gewesen, damals wurde eine Familie Webermann als Betreiber genannt. Dort reichte man Mehl und Zucker noch abgewogen über den Ladentisch und die Bonbons gab es einzelnd. So auch ganz viel Dinge in Tüten und Flaschen abgewogen und abgefüllt.
Danach war eine Familie Bruns die letzte Verkäufergeneration in diesem Haus, denn seit Jahrzehnten kennt man das Haus an der Brücke nur noch als normales Wohnhaus.
In Richtung Apen gab es in der Nähe der Bäke einen Lebensmittelladen Delger(Kuhlmann), der von der umliegenden Bevölkerung so gut es ging frequentiert wurde. Ich selbst mußte auch für meine Familie ein paar Mal dort einkaufen.
Klauhörn und speziell die Eichenstraße suchten ansonsten vorwiegend den Lebensmittelladen Ripken in Augustfehn II auf, die andere Hälfte von Klauhörn mit der Milchstraße und später auch Cirkuhlstraße, orientierte sich eher an Apen.
Auf dem Land, und auch speziell in unserem Dorf ,erfreuten sich die zunehmenden Belieferungen- vom Verkaufswagen aus -größter Beliebtheit.
Bäckereien aus Apen , Augustfehn und auch Südgeorgsfehn, belieferten die Dorfbevölkerungen mit Brot- und Backwaren, ein Lebensmittelhändler brachte Ware und nahm parallel dazu die erzeugten frischen Landeier wieder mit , in Zahlung sozusagen.
Wenn so eine Verkaufs-Fahrt an dem dafür vorgesehenen Tag dran war, dann hatten die Händler auch die neuesten Geschichten und den üblichen Dorfklatsch für ihre Kunden mit dabei.
Es gab sogar einen Fischwagen, der in dem wöchentlichen Anfahrtsplan der Verkaufsfahrer mit einem festen Platz Beständigkeit erreichte.
Seit wann es den Fischwagen gab? Ich weiß es nicht genau, vielleicht war er auch schon einer der ersten „Ab-Wagen-Verkäufer“. Er wurde übrigens sehr geschätzt bei uns und in den umliegenden Dörfern.
In unserer Familie liebte man Fisch über alles und so kauften wir immer etwas, meistens jede Woche. Ich erinnere mich ganz genau an die weiße Lederschürze, die der Verkaufsfahrer trug, denn ich fand sie schon sehr belustigend und machte Scherze darüber.
Er hatte frischen und geräucherten Fisch im Angebot, sogar Schillerlocken gab es damals schon.
Meine Großmutter hütete Haus und Küche und so oblag ihr die Entscheidung, ob etwas gekauft wurde oder nicht.
Da Oma aufgrund von Hör- und Sehschwächen im Alter Sorge hatte, daß sie den Fischwagen verpassen könnte, vereinbarte sie mit dem Fahrer ein Merkzeichen: Wenn die Außenleuchte angeknipst war, dann sollte er bitte bei uns klingeln, wenn nicht, konnte er weiterfahren.
Das wußte dann nicht nur der Fischmann, es war auch bei den Nachbarn bekannt. „Man muß sich halt zu helfen wissen“, meinte Oma dann keck wenn sie darauf angesprochen wurde.
In späteren Jahren habe ich noch oft an solche speziellen Dinge denken müssen, immer wenn ich meiner Oma wieder mal soviel Gedanken schenkte.
Ich habe immer noch Respekt vor der Person, die meine Großmutter war. Sie ist bereits 1968 verstorben, meine starke Großmutter, die trotz ihrer erheblichen körperlichen Einschränkungen ihren Alltag meisterte und je mehr ich von ihr und ihrem Leben recherchiere, desto größer wird meine Hochachtung.
Klauhörn hat immer noch keinen Einkaufsladen und der kleine Hausverkauf ist längst aus dem Ortsbild verschwunden, genauso wie der legendäre Fischwagen, der übrigens in den Anfangsjahren noch mit einem Dreirad-Verkaufswagen unterwegs war, das muß ein Modell mit dem Namen Tempo gewesen sein, die kamen Mitte der 50er Jahre auf den Markt.
Mit einem Hofgarten „Tausendschön“ hat man sich seit einigen Jahren in einer der Nebenstraßen an der Weiterentwicklung des Dorfes Klauhörn beteiligt und begrüßt inzwischen Gruppen und Einzelgäste von überall her, zum Schauen und zum Genießen der Garten-Umgebung bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen.
Einige Verkaufswagen fahren immer noch übers Land und über die Dörfer, aus welcher Sparte auch immer . Lebensmittel an sich aber werden in den großen Einkaufszentren in Apen und Augustfehn eingekauft .
Weil heute fast jeder Anwohner auch Besitzer eines Autos ist, bedeutet die Lebensmittelbeschaffung aus den umliegenden Orten längst nicht mehr so ein großes Problen wie früher in den 5oer und 60er Jahren.
Die Infrastruktur und die Lebensumstände haben sich auch auf dem flachen Land verändert. Schmucke Häuser, die nur für private Nutzung gebaut wurden und hinter dessen pompösen Fassaden einfach nur "gewohnt" wird, derweil der Arbeitsalltag und das Geldverdienen außerhalb stattfindet.
Dorfgemeinschaftshäuser und Gemeinschaften sind entstanden , die das Leben auf dem Land verschönern und hochwertiger machen. All das bemerke ich bei einem Besuch. Über die handwerkliche Kreativität staune ich schon bei den Ortseingangstafeln.
Alles hat sich zum Fortschritt bekannt und alles ist anders geworden, auch auf dem Dorf . Nicht aber verändert hat sich die Einstellung der Menschen hier, sie haben sich den weiten und offenen Blick in die Zukunft bewahrt.
Leserkommentare (0)