Mittwoch, 27. April 2016, 11:59 Uhr
Fahrrad-Gruppe Benthullen

Eine versteckte Oase pur – die "vergessene" Kreyenbrücker Mühle!

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Benthullen / Harbern II / Wardenburg Hat es diesmal an unserem eingeführten Cappy-Outfit oder an dem frühlinghaften Wetter gelegen? Neunzehn Radler starten über Nebenstrecken in Richtung Oldenburg-Kreyenbrück, das Ziel ist die Cloppenburger Straße 428. Zuvor aber ist eine Fitness-Einlage zu bewältigen. Wir erklimmen und umfahren Oldenburgs höchsten Berg, genannt "Utkiek", eine ehemalige Deponie und jetzige Grünanlage als ein Naherholungs-Gebiet des Kreyenbrücker Stadtteils. Etwas verspätet gegen 15 Uhr erreichen wir unser Ziel: Die von der Cloppenburger Straße nicht einsehbare Kreyenbrücker Mühle!

Wir fahren auf das zurückliegende, dicht bewachsene Grundstück mit einer vor uns geschlungener Zuwegung und hohen Bäumen. Nur schämenhaft sieht man durch das viele Grün ein Klinkergebäude. Ein Mann, bekleidet mit einem beigefarbenen Overall, kommt uns entgegen und gibt sich zu erkennen: Es ist der Besitzer Erich Wiede, wir nennen ihn „Müller-Meister Erich“. Nach dem Abstellen unserer Fahrräder und der Begrüßung bekommen wir einen Überblick über die Geschichte dieser Mühle erzählt. Dass es sich während des bevorstehenden Rundgangs um das Korn allgemein handeln wird, ist uns allen klar. Aber ein flüssiger, servierter Korn zum Empfang ist eine Überraschung. Gedanklich begleitet uns schon jetzt der Zustand: „Die Vergangenheit hat uns eingeholt!"

Wir werden in den hinteren Mühlen-Garten geführt. Staunend sehen wir uns um, es ist eine Augenweide und sind begeistert von dieser Idylle. Hier schafft ein Mensch mit künstlerischen Fähigkeiten und einer sympathischen Ausstrahlung: Erich Wiede! Nun werden wir in das Mühlengebäude gebeten. Eine Kühle stellen wir fest und sind umgeben von Maschinen, Holztrichtern, Verschlägen und alten Bildern bzw. Werbetafeln an den Wänden. Der ganze Wirrwarr erschlägt uns ein wenig, bis wir vom „Meister“ alles erklärt bekommen über die handbetriebenen und mechanischen Vorgänge. Und nun wird es spannend, die Funktionsweise der Mühle wird uns vorgeführt. Der Hauptmotor fängt an zu laufen und das Mühleisen – das Herzstück – mit dem Mahlstein kommt langsam auf Touren. „Müller-Meister Erich" bedient einige Hebel und Bänder in angemessener Eile für eine Feinjustierung des Mahlvorgangs. Es wird lauter und wir verlieren leicht die Übersicht, was um uns alles in Bewegung ist. Doch werden wir überzeugt. Das zuvor eingeschüttete Korn in den Holztrichter zum Mahlstein liefert das Endprodukt – Mehl!

Es geht in die obere Etage: Mittig wieder verkleidet der Elevator (Aufzug) – ein Monster –, der durch alle Etagen geht! Auch hier werden handbetriebene und mechanische Vorgänge erklärt. Die auf dieser Ebene wohl mit Liebe integrierten Sitzgruppen mit Jutesäcken als Tischdecken dekoriert, laden uns regelrecht ein zum Verweilen und genießen das Panorama dieser Mühle bei Kaffee und Kuchen. Die Gespräche werden intensiver was die Vergangenheit betrifft. Hier ist ein Mühlen-Museum entstanden und denkmalgeschützte Ideen kommen auf. Schweren Herzens müssen wir leider zum Aufbruch rufen, denn die Heimreise liegt noch vor uns und ein Abschluss-Bier unterwegs hat Tradition. Wir sitzen schon alle auf unseren Rädern, da fällt dem „Müller-Meister Erich“ doch noch der „Groschen“ und ein Stopp ist unwiderhörbar! Ich habe noch eine Kiste frischgebrautes „Mühlen“-Bier! Schnell sind wir wieder vom Sattel runter und dürfen im Mühlenhof bei angeregter Unterhaltung stehend den Gerstensaft kosten. Zufrieden setzen wir unsere Heimreise an in alle Richtungen.

Tausendmal ist man im Leben die Cloppenburger Straße rauf und runter gefahren, ohne zu wissen über dieses Schmuckstück in einer versteckten Oase!

In eigener Sache: Ein Rückblick in die ersten 50er Jahre: Die Kreyenbrücker Kaserne, vollgestopft mit Flüchtlingen. Familien und Verwandte teilten sich anfangs die ehemaligen Soldaten-Stuben, Drei-Etagen-Betten linderten etwas die Wohnungsnot, bis allmählich durch Umbauten einzelne Wohnungen entstanden. Das riesige Areal hinter den Kasernen mit meterhohem Kriegs-Schrottmaterial, der Osternburger Kanal, die Militärbadeanstalt und ostwärts das beschädigte Offizierskasino bis hin zum Verschiebebahnhof, ein Paradies für Nachkriegskinder sich auszutoben. Eigenversorgung durch zugewiesene Gärten waren begehrt und viel Gemüse, Kartoffeln etc. brachten eine kleine Abwechslung in die magere Ernährungs-Kette allgemein. Verschläge mit überwiegender Hühnerhaltung entstanden auf voller Länge in der hinteren Block-Reihe. Der Bedarf an Hühnerfutter war immens, zum Wohlwollen der Kreyenbrücker Mühle. Im Winter übernahmen die Pekol-Trollis in den frühen Morgenstunden den Weckdienst durch die grellen Lichtblitze, erzeugt durch angefrorene Stromleitungen. Die Eisblumen an den Fenster-Einfachverglasungen sind noch in guter Erinnerung. Die umstrittene Gründung der Bundeswehr 1955 veränderte das Kasernen-Leben gravierend. Die Hindenburg-Kaserne musste geräumt werden. Ausweichwohnungen wurden im Umfeld (Ewigkeit etc.) errichtet und der Zurückbau der Kasernen-Blöcke zu Soldaten-Unterkünften nahm seinen Lauf.

Fazit: Nichts ist für die Ewigkeit!

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