"Glück gewünscht", ein neues Leben in den letzten Kriegsmonaten
In den letzten Kriegsmonaten herrschten in Deutschland katastrophale Zustände, nur wenige glückliche Augenblicke waren den Deutschen vergönnt. In fast jeder Familie wurde der Alltag von Trauer und Sorgen überschattet.
Apen
Als meine Wiege für meinen Empfang vorbereitet war, da waren die Umgebungsumstände, sprich Familie und stabile Verhältnisse sicher nicht so wie es unter heutigen Bedingungen sein kann.
Die letzten Kriegsmonate (Februar bis Mai 1945) forderten viele Opfer. Obwohl auf dem Land keiner wirklich Hunger litt, waren die Lebensmittel rar und einige Dinge wie Kaffee, Butter und anderes, gab es nur eingeteilt auf Lebensmittelmarken. Es herrschte keine Zufriedenheit unter der Dorfbevölkerung. Wie überall waren Ängste und Trauer an der Tagesordnung.
Mein Vater befand sich in russischer Gefangenschaft, krank in einem Lazarett, und konnte nur noch auf meine Geburt, die ihm mitgeteilt wurde, reagieren. Dann blieb er für immer in St. Petersburg (Leningrad) in russischer Erde.
Um ihn und um zwei seiner Brüder trauerten seine Eltern in Klauhörn/Roggenmoor und meiner Mutter zerriß es das Herz.
Ehrentafeln mit den Namen derer, die aus dem Krieg nicht mehr zurückkehrten, die hängen auch heute noch am Eingang der Aper Friedhofskapelle , zu Ehren der gefallenen Soldaten aus dem 2. Weltkrieg, und der Name meines Vaters ist auch mit dabei.
Auch 70 Jahre danach steht so mancher sinnend vor dieser Tafel,
„sowas darf nie wieder passieren“, soviel sinnlose Opfer, soviel Leid hat Familien und deren Zukunft zerstört.
Lange Zeit war es usus, daß der Vater eines Neugeborenen die Anmeldung beim Standesamt der Gemeinde selbst vorzunehmen hatte, dieses Zeremoniell oblag nur ihm.
Da aber mein Vater nicht vor Ort war, übernahm das damals eine junge Nachbarin , das junge Mädchen hatte ihre Hilfe angeboten, im Februar des Winters 1945.
Als ich mich später über die Unterschrift unter meiner Geburtsanzeige wunderte, hat mir meine Mutter die Bewandtnis darum erzählt.
Ich habe diese Frau immer mal wieder getroffen, denn meine Mutter hatte sporadisch Kontakt mit ihr.
Sie wohnte, genau wie ich selbst, lange schon nicht mehr in Klauhörn, und ich traf sie nur noch sehr selten. Das letzte Mal bat mich meine Mutter vor ein paar Jahren, sie in ein Seniorenheim zu begleiten, ihre „Bekannte Frieda“, feiere dort mit ihrem Mann ihren 80.ten Geburtstag.
„Frieda“ litt mittlerweile unter erheblichen körperlichen Einschränkungen, war entgegen zu früher vielleicht geistig nicht mehr ganz so beweglich, aber als ich gratulierte erkannte sie mich sofort wieder. Nach einiger Zeit fragte sie mich: „Weißt Du eigentlich, daß ich es war, die Dich beim Standesamt angemeldet hat als Du geboren warst?“
Natürlich wußte ich das und bestätigte ihr die Frage mit meiner bejahenden Antwort.
Ihre weitere Frage konnte ich nicht mehr beantworten, meine Stimme versagte mir, so berührte mich dieser Satz:
„Ich habe Dir doch Glück gebracht im Leben, nicht wahr? Das war mein Wunsch für Dich als ich damals unterschrieb, ich wünschte dem kleinen Mädchen ein wunderschönes Leben“.
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