Donnerstag, 25. Februar 2010, 15:32 Uhr
Käßmann / Alkohol am Steuer

Fehler, Konsequenz, Schluss

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Margot Käßmann hat sich schnell dazu entschlossen, nach ihrer Alkoholfahrt von ihren Ämtern zurückzutreten. Andere hätten die Affäre wohl ausgesessen. Wie ist Ihre Meinung zu dem Thema?

Edewecht / Hannover Wohl kaum eine Autofahrt im alkoholisierten Zustand hat in Deutschland in so kurzer Zeit so viel Aufsehen erregt wie die der mittlerweile ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann. Sie selbst sorgte mit ihrem Rücktritt von dem Amt sowie vom Amt als Bischöfin der Hannoverschen Landeskirche dafür, dass die große Aufregung erstmal abebbte. Dass sie die strafrechtlichen Konsequenzen ihres Verhaltens ertragen wolle, machte sie schnell klar. Dass sich Käßmann aber aufgrund ihres Amtes und der damit verbundenen Vorbildfunktion nicht mehr in der Lage sah, künftig ohne jede Angriffsfläche den Finger in die Wunde zu legen, und deshalb zurücktrat, überraschte dann doch. Denn der Rat des EKD hatte ihr den Rücken gestärkt, andere Kirchenvertreter wie Katrin Göring-Eckardt oder Günther Beckstein kritisierten zwar ihr Handeln, stellten sich aber hinter Käßmann. Die 51-Jährige aber zieht für sich die äußerste Schlussfolgerung und tritt zurück. Anderthalb Tage, nachdem die Nachricht ihrer Alkoholfahrt an die Öffentlichkeit kam, fünf Tage nach dem eigentlichen Vergehen. Zeit genug, um über diesen Schritt nachzudenken, hatte sie, wenngleich man es ihr auch abgenommen hätte, wenn sie sich zunächst zurückgezogen und erst dann - nach reiflicher Überlegung - gehandelt hätte. Doch der fade Beigeschmack des Aussitzens sollte in der Öffentlichkeit und bei ihren Kritikern gar nicht erst aufkommen. Fehler, Konsequenz, Schluss. Und das Leben geht weiter. Ob Margot Käßmann die richtige Entscheidung getroffen hat oder nicht - eine derartige Konsequenz, ohne Rücksicht auf die eigene Position, Macht und Ämter, sieht man in der Öffentlichkeit nicht häufig. Das äußerste, zu dem Sportler, Politiker, Wirtschaftsbosse oder eben Kirchenobere häufig fähig erscheinen, sind Lippenbekenntnisse und kleinlaute Schuldeingeständnisse. Wirkliche Konsequenzen oder Lehren werden nur selten gezogen. Trotz des Fehlers, den Margot Käßmann begangen hat - ein Fehler, der durchaus auch böse, nämlich tödliche Folgen hätte haben können - hat sie durch ihren Rücktritt nicht an moralischer Glaubwürdigkeit verloren. Fehler zu machen, gehört zum Menschsein dazu und hat nichts mit Moral zu tun. Unmoralisch wird es erst, wenn wider besseren Wissens Fehler vertuscht, ausgesessen und womöglich wiederholt werden. Frau Käßmann hat nichts vertuscht und ausgesessen. Und um ihre Glaubwürdigkeit nicht komplett zu ruinieren, ist sie viel zu klug, um sich erneut alkoholisiert ans Steuer zu setzen. Wie sehen Sie den Fall? War der Rücktritt der richtige Schritt? Geht die Öffentlichkeit zu hart mit Margot Käßmann ins Gericht, oder zeigt sie zu viel Verständnis? Wird sie sich weiterhin in der Öffentlichkeit zu Wort melden, und wird sie auch gehört? Sagen Sie uns Ihre Meinung!

Leserkommentare (5)

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unbekannter user 10.02.2011, 16:17:20
Ginge es nur um Vorbildfunktion und würde jeder zurücktreten müssen, der ein Amt mit Vorbildfunktion bekleidet, dann wären viele Arbeitsplätze heute nicht (mehr) belegt. Ich finde, es wäre eher Größe gewesen, wäre sie im Amt geblieben. Ein Mensch macht mal Fehler. Sie hätte mit den Menschen darüber diskutieren können/sollen, um dieses Missgeschick an sich. Das wäre für mich am Effektivsten gewesen.
Kreszentia Flauger 24.04.2010, 01:49:51
Das ist jedenfalls ein großer Verlust. Eine engagierte, bewundernswerte und authentische Frau, die ich gern weiter als EKD-Vorsitzende und Bischöfin gesehen hätte. Und ich fürchte, mit einem Mann wäre die Öffentlichkeit nicht so hart ins Gericht gegangen. Sie hatte sich natürlich auch im Vorfeld mit ihren Äußerungen zu Afghanistan (die ich teile) nicht nur Freunde im eigenen Umfeld gemacht.
Silvia Kerney 01.03.2010, 10:16:06
Was Frau Käßmann getan hat, war der richtige Schritt.
Dass sie ihn so rasch und ohne Lamento getan hat, hebt sich wohltuend von den üblichen, beschämend scheinheiligen Gewohnheiten hochrangiger Gestrauchelter ab. Ich rede jetzt gar nicht nur von religiösen \'Scheinheiligen\'...
Natürlich ist sie ein Mensch wie wir alle und damit fehlbar; aber wir haben eben nicht alle eine so große Vorbildfunktion, der wir gerecht werden müssen.
Persönlich ist so etwas verzeihlich, amtlich nicht.
Mit ihrem Rücktritt ist sie ihrer Vorbildfunktion gerecht geworden: Fehler ohne Umschweife einzugestehen und die Konsequenz auf sich zu nehmen.
Dafür gebührt ihr Respekt und gerade deswegen wünscht man sich eigentlich, sie wäre eben n i c h t zurückgetreten... Denn Menschen mit so viel Anstand im Leib sind heutzutage rar gesät in hohen Ämtern.
An ihrer moralischen Integrität hat dieser Vorfall nur wenig gekratzt, eben weil sie sich verhalten hat, wie man es von jemandem mit Integrität erwarten darf. Sie wird sicher weiterhin gehört werden und auch ernst genommen.
G e r a de jetzt.

Die katholische Kirche in ihrer Gesamtheit hat nicht halb so viel ethische und moralische Glaubwürdigkeit, wenn man sich die jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfälle und den entwürdigenden Umgang damit anschaut.
Von Politikern und Managern, denen Fehlverhalten nachgewiesen wurden, möchte ich gar nicht erst anfangen...

Ein Verlust für die evangelische Kirche, das ist der Rücktritt von Frau Käßmann.
Dennoch war er die einzig richtige Konsequenz.

Und die Medien und die Öffentlichkeit sollten sich bei sensationsgierigem Umgang mit solchen Nachrichten mal an die eigenen Nasen fassen - weniger wäre mehr.
Presse und Mitmenschen haben in dieser Angelegenheit oft deutlich weniger Anstand bewiesen, als das Opfer ihres schadenfrohen Gaffens.
Eva Staschen 27.02.2010, 15:58:49
Ja, genauso sehe ich das ebenfalls!
Schließe mich Deinen Worten voll an!
unbekannter user 27.02.2010, 13:42:10
Die Konsequenz, die Frau Käßmann aufgrund ihres Rücktritts gezogen hat, sollte meines Erachtens ein Vorbild für viele sein, die trotz eines Vergehens nicht auf ihren Posten verzichten, auch wenn die Straftaten aus moralischer Sicht noch viel schlimmer sind. Hut ab vor dieser Frau, die der Evangelischen Kirche leider sehr fehlen wird!
Christian Schwarz 26.02.2010, 13:55:28
Wenn die Forderung darin besteht, NICHT alkoholisiert Auto zu fahren, ist es ja auch ein Fehler. Wie gesagt, das Wort soll ja nichts beschönigen. Auch ein Mörder kann ja im Nachhinein sagen, er habe einen Fehler begangen. Das entlässt ihn nicht aus der Verantwortung, und es bleibt eine Straftat.
Eva Staschen 26.02.2010, 13:18:48
Interessanterweise berichten alle Medien - soviel ich
weiß - über einen "Fehler"!

"Ein Fehler ist ein Merkmalswert, der die vorgegebenen
Forderungen nicht erfüllt"

- oder besser: :-))

"Als Fehler bezeichnet ein Subjekt angesichts einer
Alternative jene Variante, die von ihm - bezogen auf einen damit korrelierenden Kontakt und ein spezifisches Interesse - als so ungünstig beurteilt wird, daß sie unerwünscht erscheint"


Christian Schwarz 26.02.2010, 09:57:06
Ich glaube, juristisch ist das auch schon eine Straftat. Bei mehr als 1,1 Promille gilt man als "absolut fahruntüchtig", und es steht ja auch eine Strafe im Raum, kein Bußgeld. Aber auch eine Straftat ist ja ein Fehler im Handeln. Das Wort "Fehler" soll nicht verharmlosen, sondern lediglich darstellen, dass jemand etwas Falsches getan hat.
Eva Staschen 25.02.2010, 22:45:23
Ich sehe das nicht als Fehler - sondern
als Straftat!
M.E.die beste Konsequenz, die Frau Käßmann ziehen
konnte!
Bettina Zippel 25.02.2010, 21:26:01
beurteile nicht den Menschen Käßmann, sondern den alkoholisierten Menschen Käßmann am Steuer und ich bin froh, dass es nur eine überfahrene rote Ampel war. Die öffentliche Meinung ist geteilt, vielleicht auch nur, weil kein anderer Mensch zu Schaden gekommen ist. Gut, dass nichts Schlimmeres passiert ist, auch ein kurzer Weg, kann ein langer Weg werden.
Tina
Anja von Waaden-Arnken 25.02.2010, 19:56:22
Ich finde gerade ein Forum wie das Nachbarschaftsportal ist doch ideal zum diskutieren! Wenn nicht hier wo dann? Es ist doch interessant die Meinung einiger Nachbarn zu diesem Thema zu lesen.Wenn jemand keine Meinung dazu hat oder die Diskussion für überflüssig hält kann er sich ja raushalten, ist doch jedem selbst überlassen.

Ich finde persönlich die Entscheidung von Frau Käßmann genau richtig! Wie soll sie glaubhaft bleiben wenn sie sich selber nicht an Regeln hält?
Wenn man Auto fährt trinkt man eben nicht, Punkt! Dann noch eine rote Ampel übersehen, geht gar nicht!
Man stelle sich vor ein Berufskraftfahrer würde mit einem solchen Vergehen erwischt, ich glaube kaum daß er seinen Job behalten würde.
Mit Frau Käßmann verliert die evangelische Kirche sicherlich eine kompetente und kritikfähige Person an ihrer Spitze aber so ist das dann jetzt eben.

Auch wenn die Strecke die sie gefahren ist nur kurz war, muß sie sich über ihr Vergehen im Klaren gewesen sein und hat es riskiert daß es auch eventuell zu einem Unfall oder ähnlichen kommen kann. Sie hätte einfach ein Taxi oder so nehmen sollen.
Jemand der sich an die einfachsten Gesetze nicht halten kann sollte auch kein wichtiges Amt innehaben, wo will man denn da die Grenze des Verzeihbaren setzen?
Christian Schwarz 25.02.2010, 17:35:00
Ich denke, es geht nicht darum, dass sie ein kirchliches Amt inne hatte, sondern ein sehr hohes mit einem hohen moralischen (weil öffentlich wahrgenommenem) Anspruch. Dass Frau Käßmann nicht mehr oder weniger schuld bzw. in der Verantwortungspflicht ist als alle anderen, versteht sich von selbst. Nur die Folgen eines solchen Vergehens sind halt noch weitreichender, wenn man ein öffentliches Amt und eine Vorbildfunktion inne hat... Dessen wird sich Frau Käßmann auch bewusst sein.

Davon abgesehen, hatte ich aber auch nicht das Gefühl, dass plötzlich alle Medien den Stab über sie gebrochen hätten. Es wurde viel berichtet, aber nicht verurteilend.

Ich denke schon, dass man darüber sprechen kann. Gezwungen wird natürlich keiner! Und auch die Aussage, dass eine Diskussion überflüssig ist, ist ja schon ein Beitrag!
unbekannter user 25.02.2010, 17:20:10
Wie viele AutofahrerInnen setzen sich täglich in Deutschland unter Alkoholeinfluss hinters Steuer? Und nur weil hier eine Frau Käßmann, die ein kirchliches Amt inne hatte, ertappt wurde, wird die große Story daraus gemacht.
Sie hat für sich die richtigen Konsequenzen daraus gezogen, dafür meinen Respekt. Strafrechtlich wird sie sich ohnehin noch verantworten müssen wie jede/r Andere auch. Und Frau Käßmann kann von Glück (oder Gottes Fügung) reden, dass hier niemand zu Schaden gekommen ist.
Hier eine Diskussion zu entfesseln finde ich bei diesem Thema überflüssig.

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