Sonntag, 11. Januar 2015, 20:04 Uhr
Israel

Als Freiwilliger bei der israelischen Armee. Jan Lehmann referierte über seine Erlebnisse beim Militär

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Israel

Varel / Oldenburg / Rastede Auf Einladung des SPD-Ortsvereins Varel hat der Journalist Jan Lehmann über seine Erlebnisse in Israel berichtet. Dort hatte er für drei Wochen am Freiwilligenprogramm Sar-El (Dienst für Israel) der israelischen Streitkräfte teilgenommen. Nach eigenen Angaben wollte er Israel von einer anderen Seite kennen lernen und für das Existenzrecht dieses Staates eintreten. Auch ist Jan Lehmann der Überzeugung, dass Israel sich gegen die Terrorangriffe von Hamas, Hisbollah und anderer Terrororganisationen militärisch verteidigen darf.

Das Freiwilligenprogramm Sar-El wurde 1982 während des ersten Libanonkrieges vom pensionierten Brigadegeneral Aharon Davidi gegründet, als aufgrund dieser Phase des Existenzkampfes Israels in einigen Kibbuzim die Ernte gefährdet war. Davidi warb daraufhin über 600 Freiwillige in den USA für den Hilfseinsatz bei der Armee, so dass genügend Reservistinnen und Reservisten zur Einbringung der Ernte nach Hause geschickt werden konnten. Auf Wunsch vieler dieser ersten Freiwilligen führten die israelischen Streitkräfte das Programm fort, professionalisierten es und ließen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus anderen Staaten zu.

Sar-El wendet sich an Freiwillige jeden Glaubens ab 17 Jahren. Die Verpflichtungszeit beträgt grundsätzlich drei Wochen, kann aber verlängert werden. Die Freiwilligen benötigen eine Empfehlung einer Rabbinerin oder eines Rabbiners bzw. einer Pastorin oder eines Pastors, ein ärztliches Attest, ein polizeiliches Führungszeugnis sowie eine Auslandskrankenversicherung. Englische oder französische Sprachkenntnisse werden erwartet. Die Rekrutierung in der Bundesrepublik Deutschland übernimmt die Jewish Agency for Israel.

Es wird von den Freiwilligen erwartet, dass sie untereinander nicht über Politik und Religion sprechen. Jede Form der religiösen Mission wird nicht akzeptiert. Die Reise nach und von Israel zahlen alle Freiwilligen selbst; ausschließlich Unterkunft und Verpflegung trägt die israelische Armee. Die Freiwilligen werden auf dem Ben-Gurion-Flughafen von Vertretern der israelischen Armee erwartet und dort in Gruppen aufgeteilt. Die Gruppen fahren dann auf die Militärstützpunkte.

Die Sar-El-Freiwilligen tragen im Dienst die Arbeitsuniform der israelischen Streitkräfte mit blau-weißen Schulterstücken. Waffen tragen diese nicht; sie werden auch nicht in den besetzten Gebieten eingesetzt. Der Standard der Unterbringung auf den Militärstützpunkten liegt unterhalb des bundesrepublikanischen Jugendherbergsniveaus. Der Arbeitsschutz hat einen geringeren Stellenwert als in Deutschland. Der Umgangston ist locker; die Teilnehmenden sprechen sich mit dem Vornamen an. Auf Formalausbildung wird kein großer Wert gelegt.

Sehr ernst nimmt die israelische Armee aus guten Gründen die Funktionsfähigkeit und einen jeweils hohen Standard ihrer Waffen. An den Arbeitsstellen stehen überwiegend Hilfstätigkeiten in den Bereichen Instandsetzung, Logistik, Materialverwaltung, Sanitätswesen und Verpflegung an. Es sind täglich knapp acht Stunden körperlich anstrengende Arbeit zu verrichten. Von Donnerstagabend bis Sonntagfrüh ist Wochenende; dieses verbrachte Jan Lehmann fast ausschließlich im Soldatenheim in Tel Aviv-Jaffa.

Das Sar-El-Freiwilligenprogramm wird von einem Informations- und Kulturprogramm begleitet. Unter anderem erfahren die Teilnehmenden etwas über die Geschichte der Armee und ihre wichtigsten militärischen Operationen. Jan Lehmann hat viel über Israel gelernt. Er konnte viele Kontakte knüpfen und pflegt diese bis heute. Die Teilnahme am Sar-El-Freiwilligenprogramm hat sich für ihn gelohnt und ist empfehlenswert.

Anschließend diskutierte das Plenum mit dem Referenten. An dieser Diskussion nahm auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Delmenhorst teil. Dabei wurde betont, dass Israel ein demokratischer Staat ist - der einzige im Nahen Osten. Auch in diesem demokratischen Staat müssen sich nach einer Parlamentswahl Mehrheiten aus unterschiedlichen Parteien zu einer Regierungskoalition zusammenfinden. Dazu gehören Kompromisse. Israel darf sich selbstverständlich als jüdischer Staat definieren, genauso wie sich die Bundesrepublik Deutschland als deutscher Staat sieht. Daraus folgt: Israel hat das Recht jede Jüdin und jeden Juden auf der Welt aufzunehmen genauso wie Deutschland den Wolgadeutschen und anderen automatisch die Einwanderung gewährt hat bzw. gewährt.

Es wurde festgehalten, dass vor und nach dem 14. Mai 1948 etwa 850 000 Jüdinnen und Juden aus den arabischen Staaten und dem Iran vertrieben worden sind. Israel hat sie alle aufgenommen, integriert und eingebürgert. Dies geschah ohne jede Hilfe. Bis heute sind auf den meisten historischen Karten diese Vertreibungen nicht eingezeichnet und werden von einem großen Teil der Welt ignoriert. Auch gibt es kein eigenes Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für diese vertriebenen Jüdinnen und Juden. Diese können ihren Flüchtlingsstatus auch nicht vererben. Für die Palästinenserinnen und Palästinenser hingegen wurde von den Vereinten Nationen ein eigenes Flüchtlingshilfswerk gegründet; diese erhielten zusätzlich das Recht, ihren Flüchtlingsstatus zu vererben.

Zum Schluss wurde festgehalten, dass viele Palästinenserinnen und Palästinenser gerne israelische Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Universitäten nutzen.

Ein informativer und spannender Abend, der Lust auf mehr macht.


Weitere Informationen über das Freiwilligenprogramm Sar-El unter: www.sar-el.org.

Zum Innehalten und Nachdenken angesichts des Jüdinnen- und Judenhasses auf deutschen Plätzen und Straßen im Jahre 2014 hier als Ergänzung ein Link zu einem Beitrag von Herrn Rabbiner Andrew Aryeh Steiman:

Steiman, Rabbiner Andrew Aryeh, Interreligiöser Austausch und Zivilgesellschaft: Kollateralschäden nach einem hasserfüllten Sommer auf deutschen Straßen (COMPASS, ONLINE-EXTRA Nr. 211), (o. O.) 2014.
(Online-Fassung unter
http://www.compass-infodienst.de/Rabbiner-Andrew-Steiman-Interreligioeser-Austausch-und-Zivilgesellschaft.13387.0.html.)

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