Freitag, 23. Februar 2024, 15:16 Uhr
Krankenhaus Varel / Krankenhausreform / Missmanagement

Auflösungserscheinungen im Vareler Krankenhaus. Die Besten gehen.

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Weitere Pfleger und Krankenschwestern verlassen die Notaufnahme. Verheerend für die Bevölkerung im Landkreis. Und auch auf der Vorzeigestation "Gyn-Geb" ist es sehr ruhig geworden. Cornelia Papen und Uwe Cassens versuchen mit Blick auf die Krankenhausreform des Bundes eine Einordnung der Situation.

Varel / Bockhorn / Zetel Still wird’s im Vareler Krankenhaus. Aber dies ist nicht die Ruhe, die Patienten zur Genesung brauchen. Stationen sind verwaist, und das Haus erlebt zurzeit einen weiteren Exodus des medizinischen Personals: Sieben Schwestern und Pfleger aus der Notaufnahme haben in den vergangenen Tagen angekündigt, das sinkende Schiff verlassen zu wollen.
Dabei hatte der Landrat noch im Dezember der Vareler Belegschaft so etwas wie eine Arbeitsplatzgarantie gegeben. Am 16. Dezember berichtete die Nordwest-Zeitung, Landrat Ambrosy habe versichert, der Standort St. Johannes sei sicher, niemand müsse um seinen Arbeitsplatz fürchten und betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben. Mehr noch: Der Landrat appellierte an die Belegschaft, den Friesland-Kliniken die Treue zu halten. Die Frage drängt sich auf: Warum nur hält kaum jemand den Kliniken die Treue?

In unseren Gesprächen mit Schwestern und Pflegern des Vareler Krankenhauses wurde deutlich: Viel Vertrauen in Leitung des Aufsichtsrates sowie die Geschäftsführung ist verloren gegangen. Der Prozess der Umstrukturierung sei ohne jegliche Transparenz auf den Weg gebracht worden. Und außerdem: Für ein Ambulantes Operationszentrum (AOZ), wie es für Varel vorgesehen ist, werden examinierte Pfleger und Krankenschwestern einfach nicht gebraucht. Die Zusicherung, betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben, war allerdings auch begleitet von der unverhohlenen Bitte, sich anderweitig um einen Arbeitsplatz zu bemühen.

Still ist es auch auf der Vorzeigstation des St. Johannes-Hospitals geworden: Die Gynäkologie und geburtshilfliche Abteilung war am vergangenen Wochenende mit einer einzigen Patientin belegt. Dabei soll doch die so genannten „Gyn-Geb“ eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung des St.-Johannes Hospitals spielen. Ob dieses Versprechen eingelöst werden kann, scheint unsicherer denn je, und das hat nichts mit der zurzeit spärlichen Belegung zu tun, sondern hat seinen Grund in der künftigen Krankenhaus-Gesetzgebung:

Die Krankenhausreform des Bundes sieht für den künftigen Klinikbetrieb die Einführung von „Leistungsgruppen“ vor. Die Vareler „Gyn-Geb“ soll mit diesem Status ausgestattet werden. Zwar sind für das Krankenhauswesen die Bundesländer zuständig, aber es zeichnet sich ab, dass Niedersachsen dem Beispiel von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz folgen und Leistungsgruppen einführen wird.
Nun bindet der Gesetzgeber an die Leistungsgruppen bestimmte Voraussetzungen: Damit der Gyn-Geb in Varel dieser Status zuerkannt wird, muss das Vareler Krankenhaus eine Innere Abteilung, eine Chirurgie, eine Intensivstation und die Zusammenarbeit mit einem Kooperationspartner (Kinderarzt) nachweisen.
Das dürfte schwierig werden, nachdem man all diese Abteilungen geschlossen hat.

Da drängt sich ein Verdacht auf: Ob am Ende des Tages die Politik in Friesland der Vareler Öffentlichkeit Bedauern vorspielen wird nach folgendem Motto: „Wir wollten ja das Haus weiterentwickeln, aber der Gesetzgeber verlangt von uns Unzumutbares.“?
Wir sind gespannt.

Wie Kliniken auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, zeigt ein Bericht aus der Wilhelmshavener Zeitung vom 23. Februar. Das Klinikum in Wilhelmshaven gliedert seine chirurgische Klinik neu und bündelt die Fachkompetenz aus drei chirurgischen Bereichen.
Diese Entscheidung ist auch eine klare Absage an friesische Gedankenspiele, mit den Wilhelmshavenern eine Kooperation eingehen und vielleicht sogar mit einem gemeinsamen Krankenhaus der Maximalversorgung an den Start gehen zu wollen.
Die Wilhelmshavener gehen ihren eigenen Weg. Das ist auch das Ergebnis von Missmanagement an den Friesland-Kliniken.

Dieses Missmanagement, getragen von der Politik und dem Landrat, hat jetzt schon erhebliche Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger in Friesland: Es gibt Engpässe in der Aufnahme von Patienten im Krankenhaus Sanderbusch. Auch die umliegenden Krankenhäuser in anderen Landkreisen und Städten können und wollen das für Friesland nicht kompensieren. Im Dezember 2023 ist eine Patientin auf dem Weg ins Krankenhaus nach Oldenburg verstorben, nachdem man sie in Sanderbusch nicht aufnehmen konnte. Eine weitere Patientin ist mit dem Privatwagen nach Westerstede gebracht worden, nachdem Sanderbusch die Aufnahme verwehrt hat.
Die KLARE KANTE hat darüber berichtet.

Wir fordern Landrat Ambrosy auf: Stoppen Sie dieses dilettantische Handeln und legen Sie ein vernünftiges Konzept vor. Beteiligen Sie die Krankenhäuser in den Nachbarstädten/Landkreisen und entwickeln Sie lebbare Kooperationen.

Cornelia Papen (Vorsitzende der Wählergemeinschaft KLARE KANTE)
Uwe Cassens (Mitglied im Rat der Stadt Varel)

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