Fahrrad-Gruppe: Klootschießer-Lehrstunde rhetorisch fit auf Platt
Benthullen / Harbern II
Es hat sich während unserer Tages-Tour wieder bewahrheitet: Ohne Plattdeutsch-Kenntnisse gibt es mitunter in der Gruppe der Fahrradfreunde Benthullen-Harbern für „Einsprachige“ Verständigungs-Probleme. – Aber der Reihe nach!
Unsere erste Fahrrad-Tour in diesem Jahr zur Eingewöhnung geht nach Bad Zwischenahn, Ortsteil Specken, in das Klootschießer- und Boßel-Museum. Wir starten wieder in Benthullen bei gutem Wetter, allerdings sollen lt. der neuesten Software um 14 Uhr Regentropfen fallen. Uninteressant, dann befinden wir uns überdacht im Museum! Mit einigen Pausen erreichen wir nach 20 Kilometern pünktlich Specken und es hat etwas verfrüht angefangen zu regnen. Wir werden bereits erwartet, beim Betreten des Museums laden uns zwei gedeckte Kaffeetafeln mit Kuchen ein.
Ein stattlicher Herr namens Jonny begrüßt uns ganz herzlich und mit Erstaunen auf Platt – kein einziges Wort auf Hochdeutsch. Konzentration bei der doch starken Minderheit der „Einsprachigen“ ist jetzt angebracht, die etwas verwundert dreinschauen und sich wohl die Frage stellen: "Platt als Erstsprache"? Wir einigen uns, erst mit Kaffee und Kuchen zu beginnen und dann werden wir in die Geheimnisse des Klootschießens eingeweiht.
Jonny, der Museums-Direktor, ergreift das Wort und wieder rhetorisch gekonnt auf Platt. Er holt geschichtlich weit aus, in der Hand eine kleine kugelähnliche graue, harte Masse! Mit dieser „Kugel“, eher ein Erdklumpen, hat man vor 2000 Jahren die Sportart Klootschießen betrieben. Eine Wurfart, die Schnelligkeit, Kraft und Konzentration voraussetzt.
Die Wurftechnik erläutert Jonny begeistert mit Witz und bringt seinen Arm in Schwingung, lässt die Kugel aber nicht aus seiner Hand davonfliegen. Sein Arm-Schultergelenk muss trotz seines Alters durchtrainiert sein. Unsereins hätte sich wahrscheinlich den Arm ausgekugelt. Ferner wird die Weiterentwicklung der Kugeln angesprochen, die aus unterschiedlichen Materialien wie Eisen, Holz, Kautschuk oder Kunststoff bestehen kann. Ach, ihr Ahnen, eine Knochen-Kugel fix und fertig wär's doch gewesen!?! Wir verlieren so langsam die Übersicht und haben den Eindruck, dem Jonny hat man eine Kugel schon in die Wiege gelegt lt. seinem Lebensweg!
Geographisch ist diese Sportart stark in Holland, Ostfriesland und Dänemark beheimatet. Oftmals ist während des Wettkampfes viel Alkohol konsumiert worden. Da es dann zwangsläufig zu ungültigen Würfen gekommen ist, hat man sich oftmals sogar blutig gestritten. Dementsprechend ist die Sportart gelegentlich durch die Obrigkeit verboten worden, aber letztendlich setzte sich das Klootschießen immer wieder durch. Erst später entwickelte sich das Straßen-Boßeln hinzu.
Es ist ein überaus interessanter Vortrag gewesen, lebendig und fachlich gekonnt. Dieses Museum kann man nur weiterempfehlen. Wir machen uns auf den Heimweg und sind wieder ohne Regen in Benthullen und Umgebung gelandet.
PS: Übrigens! Die erwähnten „Einsprachigen“ haben auf der Rücktour den Unterschied zwischen Klootschießer und Boßler erklären können, somit ist doch Etwas hängen geblieben.
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