Alternative Kohlfahrt mit Kids
Eine Kohlfahrt findet in aller Regel unter Erwachsenen an einem Nachmittag statt. Wir haben eine Alternative Kohlfahrt mit Kids ins Leben gerufen und organisiert.
Ocholt In Ostfriesland und seinen angrenzenden Regionen wie beispielsweise das Oldenburger Münsterland und das Ammerland ist es seit Generationen ein uralter Brauch während der Grünkohlzeit, die mit den ersten Nachtfrösten im Herbst beginnt und bis zum 20. März andauert, mit Freundschaften, Vereinsmitgliedern, Ortsbürger-Gemeinschaften und Nachbar- bzw. Straßen-Gemeinschaften, eine Kohltour oder Kohlfahrt zu unternehmen. Eine Kohlfahrt wird von dem Kohl-Königspaar, das im Vorjahr auf die unterschiedlichste Art und Weise gewählt oder gekürt wurde, organisiert. In aller Regel findet eine Kohlfahrt an einem Samstag-Nachmittag in dem besagten Zeitraum statt. Dabei werden die Monate Januar und Februar besonders favorisiert, da sie wegen ihrer niedrigen Außen-Temperaturen eine scheinbare Alibi-Funktion für die "hochprozentige" Wanderschaft in dieser - im Nordwesten - doch eher trostlosen Jahreszeit einnimmt. Die Teilnehmer einer solchen Kohltour sind dabei immer Volljährig und als entsprechend "trinkfest" getestet. Man trifft sich an dem vom Kohl-Königspaar benannten Treffpunkt. Zur Grundausstattung gehört ein BOLLERWAGEN. Dieser wird neben ein paar Flaschen Pils mit wärmenden alkoholischen Getränken (wie Glühwein & Grog) aber auch mit hochprozentigen Sachen wie Köm (Korn), Branntwein (mit Cola = Charlie) und/oder Frucht-Likören aus den Brennereien Haselünnes bestückt. Gegen auftretenden Hunger und Appetit, sowie als "Grundlage" für den Alkoholkonsum kann man je nach Entfernung zur Ziel-Gaststätte Schwarzbrot, Räucher-Schinken und -Fisch (Aal) mitnehmen und diese leckeren Sachen während einer Pause verzehren. Ziel ist immer eine Gaststätte die ein spezielles "Grünkohlessen" anbietet. Zum Grünkohl gehören traditionell verschiedene Wurst- und Fleischsorten wie Kassler, Bauchspeck, Mettenden, Rauchenden, Kohlwurst und Pinkel. Dazu werden Salz- oder Röstkartoffeln und reichlich Senf serviert. Da ein Grünkohlessen immer sehr gehaltvoll ist müssen die Kalorien dann auch irgendwie wieder schwinden. Deshalb findet im Anschluss an das Essen in aller Regel ein Tanzabend statt. Die Tanzmusik kommt entweder vom Plattenteller oder einer Live-Band. Eine Kohlfahrt in dieser Form wir meistens von einer Gaststätte organisiert, sodass sich an diesem Tag mehrere Kohlfahrt-Gruppen und Grüppchen an diesem Ort zusammenfinden und gemeinsam einen ausgelassenen Abend bei "Ringelpietz mit Anfassen" verbringen. Meistens ist eine Rückfahrt mit dem Bus organisiert, da die wenigsten Teilnehmer in der Lage sind den gleichen Weg den sie angewandert sind, wieder zu Fuß zurück zu legen. Einige unserer Nachbarn, so auch wir, mögen diese traditionelle Art der Kohlfahrt nicht, ..weil es nicht schon tagsüber in "Gottes freier Natur" zu übermäßigem Alkoholkonsum kommen muss, ..weil wir am Abend nicht so ein fülliges Essen zu uns nehmen wollen, ..weil wir unseren Bauch nicht überstrapazieren wollen und ..weil wir am Tanzen kein sonderliches Interesse haben. Dazu kommt noch, dass solche Kohltouren für unsere Vorstellungen preislich gesehen "überzogen" sind. Aus diesen Gründen ist die "Alternative Kohlfahrt mit Kids" entstanden. Eine Idee unter Nachbarn mit und ohne Kinder. Als Organisator aus Leidenschaft hatte ich mich spontan bereit erklärt diese alternative Kohlfahrt der Nachbarschaftsgemeinschaft unserer Straße zu organisieren, obwohl ich als Neubürger von Kohlfahren so viel Ahnung hatte wie Großstadtmensch vom Kühe melken. Aber mit Hilfe einer lieben und sehr netten Nachbarin und unter Zuhilfenahme des Internet ist es mir dann gelungen diese - meine Premiere in Sachen Kohlfahrt - zu schaukeln. Wir starteten unsere Kohltour am Samstag, 12.03.2011 um 10:30 Uhr (nachdem ein Termin zwei Wochen zuvor wegen div. Erkrankungen abgesagt werden musste) mit insgesamt "nur" 12 Personen. Das Wetter an diesem Tag war ja sehr vielversprechend und so kam es dann auch, dass wir gegen Mittag schon ca. 10-12 Grad zu vermelden hatten. Der geplante Weg sollte uns um ganz Ocholt herumführen. Wir befanden uns nun auf der ersten Hälfte unserer Umrundung von Ocholt und umzu, links von Ocholt. Wir folgten dem Uhrzeiger. Während einer solchen Tour muss ja auch für die entsprechende Abwechslung gesorgt werden. Folgende Spiele waren vorgesehen bzw. eingeplant: - Teebeutelweitwurf - Flaschenstöpseln - Pantoffel-Weitwurf (als Alternative zum Stiefelweitwurf) - Zeitungsspiel Der Teebeutelweitwurf sollte das erste Spiel sein. Zuvor wurden durch Auslosen 2 Mannschaften gebildet - Kreuz und Kringel. Es müssen einfache Symbole sein, da Buchstaben oder Zahlen unter Umständen nicht von jedem "Ostfriesen" beherrscht werden - grins! Also der Teebeutelweitwurf wurde in 2 Disziplinen ausgetragen: Zunächst als "trockener" Teebeutel, indem man den Teebeutel mit dem Mund möglichst weit schleudert. Bei dem zweiten Durchgang wurde der Teebeutel in Wasser getränkt und musste von der Hand aus möglichst weit geworfen werden. Dabei kam es zur Freude aller Beteiligten zu sehr lustigen Szenen. Ein Teebeutel landete sogar im Geäst eines Baumes - lach! In diesen Disziplinen gewannen die "Kreuze". Zur Belohnung gab es pro TN eine Mini-Ritter-Sport. Als zweite Übung kurz vor dem Ziel war die Wahl auf "Flaschenstöpseln" gefallen. Wie gut, dass die Erwachsenen bis dahin 2 Flaschen Sekt "geleert" hatten und somit 2 Flaschen dafür zur Verfügung standen. Auf Glühwein hatten wir übrigens in Anbetracht der angekündigten Temperaturen bewusst verzichtet. Aber keine Sorge an die Familien-Ministerin: Die Kids bekamen Yogi-Tee, angereichert mit reichlich Apfelsaft - köstlich! Kommen wir zurück zum Flaschenstöpseln: Es war eine Riesengaudi, die sich da abspielte. Groß und Klein waren von diesem Spiel begeistert. Bei dieser Nummer waren die "Kringel" im Vorteil. Wie gut - dann stand es 1:1. Nun hatten wir es nicht mehr weit zu unserem Ziel, dem Restaurant Rosenkrug in Lindern. Bei festlich gedeckter Tafel wurden wir bereits erwartet. Und bald darauf ging es los mit dem Schlemmermahl: Grünkohl mit Allem und zur Alternative Seelachsfilet mit Röstkartoffeln bzw. Schnitzel mit Pommes für die Kids, jeweils mit einer leckeren Rindfleischsuppe und Vanilleeis mit heißen Kirschen als Nachspeise. Zufrieden sind wir dann den Heimweg angetreten. Nachdem wir eine Biege vom Restaurant hinter uns hatten, wurde ein italienischer Kräuterlikör als "Verteiler" ausgeschenkt. Unser Weg führte uns von Lindern aus betrachtet dann im Uhrzeigersinn um Ocholt herum. Während dieser Tour waren einige geneigt eine Abkürzung zu nehmen. Aufgrund einer groß angelegten Überzeugungsarbeit war es uns gelungen die Mannschaft zusammen zu halten und im Zentrum Ocholts über den Berliner Platz den Heimweg einzuschlagen. Allerdings wurde von dieser Minderheit beschlossen keine weiteren Spiele mehr durchzuführen, was denn auch von dem Rest so akzeptiert wurde. Wir hatten damit den Kreis unserer Tour um Ocholt und umzu geschlossen. Fazit: Diese Kohltour war ein wichtiger "Baustein" in den nachbarschaftlichen Beziehungen. Das gegenseitige Kennenlernen und das Verständnis zu- und miteinander liegen hier im Vordergrund. Eine Erfahrung wie wir sie in den letzten Jahren, während unserer Zeit in Oberbayern, nicht - absolut nicht - machen konnten. Wir sind froh hier zu leben und die Freundlichkeit der Ammerländer kennen gelernt zu haben. Soweit der Stand (noch) am Abend des 12. März 2011. Einen sehr faden, ja bitteren Beigeschmack - auf den ich nicht näher eingehen möchte - bekam die ganze Sache allerdings bereits schon am Montag nach unserer fröhlichen Tour. Da stellte sich heraus, dass nicht jeder das Gleiche unter Humor versteht und manche nur über Andere, nicht aber über sich Selbst lachen können. Aus diesem Grund wurde auf die Abbildung teilnehmender Personen und der lustigen Spiele bewusst verzichtet! Humor ist, wenn man trotzdem lacht! Fotos Copyright 2011 by Sabine Krüger Zwischenahn.net, Ausschnitte: H.Gerd
Leserkommentare (0)