Montag, 01. Dezember 2014, 18:22 Uhr
Krippe / Herz-Jesu-Kirche / Weihnachten

Die Weihnachtskrippe in der Westersteder Herz-Jesu-Kirche

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Blickfang in den Weihnachtsgottesdiensten – Zeugnis des Gemeindelebens seit 60 Jahren.

Westerstede

Auch dieses Jahr wieder wird in der katholischen Pfarrkirche Herz Jesu während der
Weihnachtszeit die Figurenkrippe zu besichtigen sein. Diese entstand in den 1950er Jahren für die 1953/54 neu errichtete Kirche. Deren Bau war nötig geworden, weil durch Vertriebene und Flüchtlinge die Anzahl der Katholiken in und um Westerstede rapide angestiegen war. Die Krippenfiguren wurden gestiftet von der Ordensschwester Josefine Grauten aus Kleve am Niederrhein. Sie war zuvor – in den Anfangsjahren der Gemeinde gleich nach dem Krieg - selbst in Westerstede tätig gewesen.


Auf Vermittlung der Stifterin hin schuf die holzgeschnitzten Gliederfiguren der Klever Künstler Wilhelm Matthäi. Als Sohn des Bildhauers Gerd Matthäi (1889-1952) wurde dieser schon im Alter von 14 Jahren von seinem Vater ausgebildet. Er verlor dann im Krieg ein Bein und konnte deswegen nur noch sitzend arbeiten. Skulpturen großen Formates warer so nicht mehr in der Lage herzustellen. 1952 übernahm Wilhelm Matthäi die väterliche Werkstatt. Offenbar hat er sich auf Krippen spezialisiert, von denen 350 mit über 1400 Figuren bekannt sind – eben auch die in Westerstede. Matthäi verstarb 2003 im Alter von 85 Jahren.


Die älteren Gewänder der Westersteder Krippenfiguren wurden von dem Gemeindemitglied Heinz Lorenz genäht, z.T. aus ausrangierten Rasteder Messgewändern, die neueren erst in den letzten Jahren von Gerda Knittel. Lorenz schuf auch weitere Dekorationselemente. Er und Gerda Knittel sind nur zwei der zahlreichen Mitgliedern der Kirchengemeinde, die sich im Verlauf der Jahre um Auf- und Abbau und Instandhaltung der Krippe gekümmert haben. Zu Zeiten des Pfarrers Herbert Graf von Merveldt etwa waren es teilweise sogar bis zu sechs Personen, die sich gleichzeitig dieser Aufgabe widmeten. Gemeindemitglied Hubert Grabsch erinnert sich, dass damals dessen Haushälterin Else Haskamp die fleißigen Helfer mit einem reichhaltigen Frühstück versorgte – natürlich inklusive Brötchen und Kaffee.


Innerhalb der Kirche hatte die Krippe im Laufe der Zeiten verschiedene Standorte. Anfangs war sie, so erkennt man auf einem alten Foto, in der Ecke vorne rechts vom Altarraum. In den 1960ern befand sie sich, wie sich Küster Klaus Baalmann erinnert, links vorne im Chor, etwa dort, wo heutzutage für gewöhnlich der Adventskranz steht. Und eine Aufnahme aus dem Jahr 1982 zeigt, dass sie nun in der Ecke links vom Altarraum aufgebaut war. Ungefähr dort hat sie auch in den letzten Jahren wieder ihren Platz gefunden, nur leicht nach rechts versetzt wegen des Taufsteins (s. Fotos von 2013). Zuvor (nach 1982) baute man jedoch für einige Zeit die Weihnachtskrippe in der früheren Tauf- und jetzigen Marienkapelle auf. Von diesem Standort nahm man aber schließlich wieder Abstand – u.a. weil man jedes Mal die Marienstatue versetzen musste. Die aus uraltem Holz (welches einst in die im 2. Weltkrieg zerstörte Münsteraner St. Lambertikirche verbaut war) gefertigte Figur drohte Schaden zu nehmen – so erinnert sich der erwähnte Hubert Grabsch.


Hinten in der Marienkapelle befand die Krippe sich einige Jahre lang hinter einer Sicherheitsglasscheibe. Denn es wurden in der Tat zwei Mal Figuren der Matthäi-Krippe gestohlen, das eine Mal das ursprüngliche Jesuskind, später dann ein Hirte und ein Schaf. Die danach angeschafften Ersatzfiguren stammen von einem anderen Künstler (wohl aus Bayern, soweit noch bekannt).


Die Westersteder Weihnachtskrippe zeigt - nicht überraschend - die Szene von der Geburt Christi mit den Hirten (s. Fotos). Letztere werden zum 6. Januar,dem Dreikönigstag, durch die legendären Heiligen Drei Könige ersetzt, die in der Bibel nicht als Könige, sondern als „Sterndeuter“ von unbestimmter Anzahl bezeichnet werden. Hierbei schlüpfen auch bisherige Hirtenfiguren in neue Rollen.


Und damit endet das Rollenspektrum der holzgeschnitzten Gliederfiguren noch nicht einmal. Denn mehrmals schon, zuletzt 2014, fanden sie auch Verwendung bei einem so genannten „Osterweg“ bzw. einer „Osterkrippe“. Statt der Geburt Christi wird in einer Figurenszene auf die biblischen Geschehnisse am Ostermorgen beim Grab Jesu nach der Auferstehung hingewiesen. Außerdem sieht man die wandernden Emmausjünger, über die man etwas im Evangelium vom Ostermontag erfährt (s. Fotos). Den Nachbau des Heiligen Grabes hat Jochen Knittel angefertigt. Der „Osterweg“ in der Herz-Jesu-Kirche wird in Zukunft wohl alle zwei Jahre zu besichtigen sein.


Es handelt sich hier übrigens um einen Brauch, den Pfarrsekretärin Gaby Kuipers im Emsland in einer Kirche in Lingen kennengelernt und dann auch für Westerstede angeregt hat. Oster- und auch Passionskrippen entstanden zuerst in Süddeutschland und Österreich im 17. Jahrhundert. Gerade in den letzten Jahren verbreiten sie sich vermehrt im ganzen deutschen und alpenländischen Raum bei unterschiedlichen Konfessionen und in ganz verschiedenen Ausformungen, auch als „Osterweg“ und „Ostergarten“, auch ohne Figuren. So gab es 2013 im Gemeindezentrum der Baptisten in Westerstede einen Ostergarten, aber mit lebensgroßen begehbaren Kulissen, die ohne Figurenszenen die biblische Welt darstellten. Dieses Projekt hat über konfessionelle Grenzen hinweg Eindruck hinterlassen.


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