Donnerstag, 31. März 2016, 22:39 Uhr
USA / Amerika / Autofahrt

Autoreise in den USA über 13.000 km und 9 Wochen

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jeden Tag gab es geplatzte Reifen

Moorburg Über eine Autoreise in den Staaten berichtet mein Großonkel Georg Oltmanns (1903-1985) aufgewachsen in Moorburg, der 1926 in die USA auswanderte, 1930 in einem Brief:  
„Kam letzten Sonnabend wohlbehalten von meiner Überlandreise zurück. Bedeckte rund 13.000 Kilometer mit meinem Automobil. Die Wege waren zum Teil wunderschön, zum größten Teil kaum passierbar. Wir haben herrliche Naturschönheiten und Wunder gesehen. Es ist wiedermal etwas in meinem Lebensalbum verewigt. Unsere Fahrt hat 9 Wochen in Anspruch genommen. Wir fuhren am 9. Mai von Chicago ab, es war abends 8 Uhr und legten noch 275 Kilometer zurück bevor wir uns zur Ruhe legten. Am 11. Mai abends später über St. Louis erreichten wir Onkel Diedrich in Missouri. Blieben dort 3 Tage und fuhren über Kansas, Oklahoma, Texas, New-Mexiko, Arizona nach Los Angeles, Kalifornien. Wir hatten verschiedene Abenteuer, insbesondere unser Automobil zu überstehen. Unzählige mal blieben wir im Dreck stecken, die Räder schnitten sich so tief ein, daß sie ohne den Wagen fortzubewegen sich um ihre eigene Achse drehten. Zweimal waren wir im Graben. Das Glück war uns hold, wir hatten keinen erwähnbaren Schaden. Unsere Eßsachen, die wir hinten im Wagen verstaut hatten, sausten uns manchmal um die Ohren. Wenn die Eier entzwei waren, wurde Rührei oder Pfannkuchen gemacht. Wir haben die ganze Fahrt über selbst gekocht und gebraten, dabei haben wir uns so voll gegessen, was nur eben hinein wollte. Auf unserer ganzen Fahrt haben wir kaum Regen gehabt. Wie nun der Dreck und das Schleudern des Wagens alle wurde, hatten wir Hitze, Wind und Staub zu überstehen. Wasser wurde sehr selten, deshalb hatten wir uns mit 2 großen Tanks versehen, die rund 50 Liter Wasser faßten. Mußten nämlich auch unsere Maschine dann und wann mit Wasser versorgen (Kühler). Zur Körpererhaltung hatten wir immer genug Übung. Jeden Tag gab es nämlich geplatzte Reifen. Den Schaden konnten wir stets selbst kurieren. Nicht ein einziges Mal hat mein Motor versagt, er hat immer sein altes Lied gesungen.
In Los Angeles angekommen, blieben wir 3 Tage bei Bekannten meines Freundes, dann ging es rastlos weiter nach Onkel Henry und Familie. Vordem hatten wir noch einige Parks besucht. Grant Canyon und einen versteinerten Wald. Bei Onkel Henry wurden wir herzlich aufgenommen und bewirtet, waren 2 Wochen dort. Er hatte 26 Kühe, 2 Pferde und etliches Jungvieh, Rinder, 15 Hektar Land, welches das ganze Jahr hindurch bewässert werden muß. Tag und Nacht, es ist so trocken dort. Das Grundwasser ist sehr tief, er schaffte sich damals gerade eine Tiefbrunnenpumpe an, kostete 2700 Mark. Ohnedem geht’s nicht, sonst will gar nichts wachsen. Reinen Alfalfa (ähnlich wie Lupinen) hat er 7-8 Mal im Jahr gemäht, die Kühe wurden auf der Weide mit Heu zugefüttert. Er nannte viele Obstbäume, Äpfel-, Birnen-, Feigen-, Aprikosen-, Pfirsich-, Pflaumen-, Olivenbäume, Weintraubenstöcke usw. sein eigen. Wir haben dort viel „iescream“ (Eis, Rahm und Zucker) gegessen. Rahm und Zucker wird in einem Apparat (Trommel von Eis und Salz umgeben) gedreht, bis es steif wird. Groß war dort die Erdeichhörnchenplage, die den Boden hohl wühlen und sich vermehren wie die Ratten. Durch das Wühlen wird das Land trocken und die Bewässerung oft sehr peinlich gestört. Als Nahrung nehmen sie Getreide, Grassamen und Frucht zu sich. War einmal auf der Jagd, habe in drei Stunden ein Dutzend Hasen, Eulen und Eichhörnchen geschossen.
Bald war unsere goldene Zeit dort abgelaufen, wir sahen, daß wir weiter mußten. Dann ging es über die Berge (wie schon so oft) über Santa Cruz nach San Francisco. Hier verblieben wir wieder eine Woche, fuhren dann über die „golden gate“ weiter die „pacific coast“ entlang über Portland nach Seattle. Unterwegs sahen wir Rehe und Hirsche, riesige Waldungen, Bäume bis zu 10 Meter im Durchmesser. Es gibt dort viel Obst, einmal haben wir uns einen ganzen Eimer voll Kirschen kostenlos gepflückt. Dann ging es wieder mal über hohe Berge, 3000-4000 Meter hoch, nach Spokane. Dann weiter nach Kanada. Unterwegs sahen wir schöne Farmen, schönes Ackerland. In Kanada wurde sodann das edle Bier geprobt, was uns in USA solange enthalten wurde [dort 1920-1933 Alkoholverbot]. Es erinnerte uns an die liebe Heimat. Dann besuchten wir den „Glacier National Park“. Hier herrscht stets Eis und Schnee. An einem Tage haben wir einen Berg von 10.000 Fuß Höhe erklommen. Nach drei Tagen Aufenthalt in diesem Park fuhren wir sodann wieder weiter, es ging über „Great Falls“ nach dem „Yellowstone Nationalpark“. Hier gab es viele Bären, Büffel, Rehe und Hirsche zu sehen, alsdann Heißwasserquellen. Dann gab es dort auch schöne Berge (Felsen in allen Farben), Wälder und Seen. In letzteren habe ich gefischt, es waren dort schöne Forellen. Dort eine Woche gerastet, dann ging es wieder weiter. Wir fuhren wieder durch schöne Gebiete und erreichten nach etlichen Tagen die „black hills“ in Süd-Dakota. Hier haben wir u.a. eine Höhle besucht, die größte, wie ich hörte, in der Welt. Sie ist natürlich entstanden und führt durch Felsen, dabei boten sich unseren Blicken Kristalle dar in allen verschiedenen Farben und Gebilden. Der ganze Spaziergang im Dunkeln nahm drei Stunden in Anspruch. Bald sahen wir wieder schöne Farmen, wohl die besten mit in USA. Wir passierten nämlich Minnesota, Iowa und Illinois. Es dauerte wenige Tage und Chicago kam in unseren Bereich, wir langten am Morgen dort wieder wohlbehalten an, so wie wir vor 9 Wochen den Platz auch verlassen hatten. Alle erinnerten sich noch gut, wie wir damals auf Lebewohl verschwanden, gespannt, wie wir auch selbst, wie die Reise wohl ablaufen würde.“

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