Freitag, 03. Mai 2013, 14:58 Uhr
Zwangsarbeiter / ausländische Zivilarbeiter / Fremdarbeiter

"Ausländische Zivilarbeiter" während des Weltkriegs im Ammerland - Erinnerungen

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Noch gibt es Zeitzeugen, die erzählen können.

Westerstede / Torsholt / Edewecht Vor wenigen Wochen schrieb ich einen Artikel zu Gräbern von sog. Fremd- bzw. Zwangsarbeitern in Halsbek. Danach erzählten mir ein paar Bekannte von ihren eigenen Erinnerungen zu diesem Thema.

Inge Gradl aus Westerstede schreibt Folgendes: "Auf dem Hof meiner Großeltern in der  Gemeinde Edewecht war auch ein polnischer Mitarbeiter, meine Mutter hat immer von einem "Jop" erzählt, so nannten sie ihn, denn er hieß Josef. Er war in der Familie integriert, ich kann mich erinnern, dass mein Opa immer erzählt hat, dass "Jop" anfangs nicht mit ihnen gemeinsam am Tisch sitzen wollte, aus heutiger Sicht gesehen, hat man schon einen anderen Blickwinkel, natürlich war der am Anfang mißtrauisch, wer weiß, was der schon erlebt hatte. Damals als Kind dachte ich immer ganz naiv, der konnte sich doch ruhig bei Oma und Opa an den Tisch setzen..."
Es war zudem von den Nazis weder gerne gesehen noch erlaubt, daß die ausländischen Arbeiter zusammen mit den deutschen Familien aßen.

Gerd Wilken aus Westerstede wuchs auf dem elterlichen Hof in Torsholt auf. Als er etwa 8-10 Jahre alt war, hatte die Familie einen ukrainischen "Fremdarbeiter" bei sich mit Namen Theo Andrusiak. Der junge Mann im Alter von etwa 16 oder 17 Jahren lernte erst dort in Torsholt das Fahrradfahren. Bei Kriegsende wollte er in die alte Heimat nicht mehr zurück. Er fürchtete wohl, als angeblicher Spion oder Verräter umgebracht zu werden. Das Letzte, was Wilken Jahrzehnte später von ihm hörte, war, daß Andrusiak sich in Australien angesiedelt hatte.

Die Hebamme Sophie Siems, wohnhaft in der Langen Straße in Westerstede, mußte, so erinnert man sich in ihrer Familie, öfters zu Geburten ins sog. "Polenlager" am Bahnhof, einem vollgepackten ehemaligen Lokschuppen. Sie sei wohl dort beliebt gewesen. Jedenfalls ließen die Soldaten der polnischen Exilarmee bei der Besetzung Westerstedes 1945 die Familie Siems in Ruhe. Es kursierten also wohl unter den Arbeiterinnen aus Polen keine negativen Geschichten über die Hebamme. So etwas konnte Folgen haben, wie etwa Vorkommnisse in Hollwege belegen. Die Verhältnisse im Lager waren, so erzählte Sophie Siems zu Hause, wirklich schlimm. So sei es vorgekommen, daß Säuglinge von Ratten angenagt wurden! Es ist also kein Wunder, daß ein paar der Kinder nach kürzester Zeit bereits verstarben. Auch eines der in Halsbek bestatteten Babys war in Westerstede geboren worden.

Nicht alle Erinnerungen aus der Zeit sind nur negativ. Man muß bedenken, daß die heutigen Zeitzeugen für gewöhnlich Kinder waren, als sie den "Fremdarbeitern" begegneten oder man ihnen von ihnen erzählte.

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