Altersvorsorge mal anders- Die Westersteder "Zeitbank"
Neue Wege bei der kommunalen Daseinsvorsorge wünscht sich der Westersteder Verein "Daheim statt Heim" für seine Heimatstadt und ihre Menschen.
Westerstede Hauptanliegen des Vereins ist die Schaffung einer Infrastruktur, die es den Einwohnern in Westerstede möglich macht, auch im Alter und bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nicht in ein Heim umziehen zu müssen, sondern zu Hause bleiben zu können. Dazu gehört aber nach Ansicht seines Vorsitzenden, Heino Hinrichs, mehr als nur die Organisation einer 24- stündigen Pflegesicherheit. " Die Schwierigkeiten beginnen doch für die Meisten viel früher" meint Hinrichs, der als Westerstedes Ex-Bürgermeister die Strukturen und die Menschen seiner Stadt sehr gut kennt. Er verweist hier auf die sehr hohe Eigenheimquote von 80% in Westerstede. Das würde einerseits zwar als hohe Lebenqualität empfunden, bringe aber gerade im Alter und bei gesundheitlichen Einschränkungen auch Schwierigkeiten mit sich. " Es ist schon eine Herausforderung, alles in Ordnung halten zu können, den Garten, den Haushalt, alles was so anfällt und was vielleicht früher leicht von der Hand ging," so Hinrichs, deshalb würden auch immer mehr Menschen in seinem Umfeld Haushaltsdienstleistungen in Anspruch nehmen. Dabei dürfe man aber nicht übersehen, dass immer mehr Menschen sich solche Dienstleistungen nicht mehr - und vor allem auch nicht auf Dauer -leisten könnten. Die Kinder lebten oft weit weg, und die MIttel im Alter würden knapper, zumal in den nächsten Jahren auch die in den Ruhestand gingen, die schon mit niedrigeren Löhnen und vielleicht auch Ausfallzeiten leben mussten. Alleinstehende und verwitwete Menschen, vor allem Frauen, seien dabei besonders betroffen. ?Altersarmut wird auch in Westerstede Thema werden, ? fürchtet Hinrichs,? alle Anstrengungen müssen deshalb darauf gerichtet sein, diese Menschen, die kaum noch eine Chance auf die Verbesserung ihrer Lage haben, so aufzufangen, dass sie sich gleichwohl auch ein Leben in Würde und vor allem auch in ihrer häuslichen Umgebung leisten können.? Dafür schlägt der Verein nun vor, in Westerstede in der Apotheker-Villa eine "Zeitbank" zu gründen. "Jeder Mensch hat Fähigkeiten, die ein anderer vielleicht benötigt." so der Vereinsvorsitzende. Wenn er einem anderen Menschen für eine Stunde Hilfe leiste, solle ihm diese Stunde auf seinem persönlichen Zeitbank-Konto gutgeschrieben werden. Wenn er dann selbst im Haushalt oder Garten oder beim Einkauf oder sonstigen Lebenslagen Hilfe brauche, könne er seine geleisteten Stunden von seinem Konto holen, die wiederum dem gutgeschrieben werden, der ihm Hilfe leiste. "So bezahlt jeder mit dem, was er hat: der eine mit Geld, der andere mit Zeit." erklärt Hinrichs. Die "Zeitbank" selbst nimmt nicht nur die Buchungen auf den Zeitkonten vor, sondern sie vermittelt auch die Anfrage auf Hilfe mit dem Angebot und bringt so die Menschen der Stadtgemeinschaft zusammen. Solche "Zeitbanken" seien nichts Neues, sondern funktionierten in vielen Ländern schon recht gut, so der Verein, der hier umfangreich recherchiert hat. Das Schönste an der Idee sei für ihn, dass damit alle Menschen eine Chance haben, sich einzubringen und vor allem ihre Fähigkeiten zu erkennen und nicht immer nur ihre Defizite zu sehen, freut sich Heino Hinrichs, er selber könne sich vielleicht im Notfall viele Leistungen ankaufen, aber das Gefühl, dass es noch für jemand anderen einen Unterschied mache, ob man da ist oder nicht, sei mit Geld nicht zu bezahlen.
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