"Kahlen Hermann" aus Osterscheps, Auswanderer nach Amerika
Hermann Schröder wanderte 1881 mit seiner Familie in die USA aus. Weitere Verwandte und andere Einwohner aus Edewecht und umzu folgten.
Osterscheps / Edewecht / Amerika
Für eine Auswanderung in die USA ist Hermann Schröder (1850-1939) aus Osterscheps ein gutes Beispiel. Er war Sohn von Joh. Friedr. Schröder (1820-1895) und Anna zur Horst (1827-1900). Sein Großvater war Joh. Schröder, Hausmann in Ekern und die Großmutter Anna Marg. Kahlen, daher sein Ökername „Kahlen Hermann“. Mit seiner Frau Helene Marie geb. Oltmanns (*1855) hatte er drei Söhne (Hermann *1878, Johann *1879 und Georg *1881) und wohnte wohl auf der Ziegelei in Osterscheps bei den Eltern der Frau. Als der dritte Sohn Georg gerade sechs Wochen alt war, wanderte die Familie im Juni 1881 von Bremen mit dem Schiff Hohenzollern in die USA aus. Ein Nachbar begleitete sie. Als sie auf dem Schiff waren, erkrankte die Mutter Helene Marie an Typhus. Sie stillte das Baby Georg, konnte es dann aber nicht mehr. Sechs andere Mütter mit Babys auf dem Schiff stillten ihn dann. Sie kamen aus Polen, Frankreich, Italien, Rußland und England. Kurz bevor sie in New York ankamen, erkrankte Georg ebenfalls an Typhus. Er fiel in ein Koma und alle dachten, er sei tot. Sie wollten keine Seebestattung und planten ihn in der Stadt zu begraben. Aber sie hatten nicht genug Geld, wickelten ihn ein und wollten ihn mit nach Iowa nehmen und dort beerdigen. Im Zug hielten sie das Bündel in den Armen, ließen es aber fallen, als sie schliefen. Als der Schaffner durch den Zug lief, hörte er das Baby auf dem Boden schreien und weckte die Eltern. Die Familie reiste weiter nach Gladbrook, Iowa, wo die Zugstrecke damals endete. Dort begannen sie ihr neues Leben. Im folgenden Jahr 1882 starb allerdings die Mutter Helene Marie. Der Vater arbeitete danach zunächst bei der Eisenbahn und half die Strecke von Gladbrook nach Mitchell, Süd-Dakota zu bauen (die Bahnstrecke brachte auch die Siedlungen voran). In Mitchell kaufte er ein Pferd, einen Ochsen, einen Wagen, einen Pflug und andere Dinge. Die Familie zog weiter zur Gemeinde Blaine, Jerauld County, wo sie nahe von Lane heimisch wurden.
Zunächst hatte Herm. Schröder einen „Tree Claim“. Von 160 Acre (ca. 64 ha) zugeteiltem Land mußte der Eigentümer 10 Acre (ca. 4 ha) mit Bäumen bepflanzen und sie für 8 Jahre am Leben halten, da durch die starke Siedlungstätigkeit Holz knapp war. Nach der Überlieferung baute Hermann Schröder auf seinem Grund zunächst wie häufig üblich ein Haus mit Grassoden.
Anna Harmdierks (1855-1936) aus Südedewecht wurde als Haushälterin engagiert, auch um sich um die drei Söhne zu kümmern, und wurde dann 1891 zweite Frau von Hermann Schröder. Sie ist wohl 1886 in die USA ausgewandert. Von Bruder Johann Harmdierks ist nachgewiesen, daß er 1882 auswanderte und auch nahe Lane wohnte (seine Frau Helene Bölts kam übrigens auch aus Osterscheps). Es spricht also vieles dafür, daß diese „Edewechter“ fernab der Heimat sich wieder innerhalb einer Gemeinde zusammenfanden und eine kleine Gemeinschaft bildeten. Das ist auch in anderen Fällen so bekannt. Die Auswanderer wurden meist aus existenzieller Not zum Verlassen der Heimat gezwungen und bildeten für die erste und zweite Generation in der Fremde ihre Heimat nach mit Verwandten oder Bekannten aus der alten Heimat. Wesentlicher Unterschied sind aber die Abmessungen der Ländereien und Höfe, die in Amerika wesentlich größer waren. Damit ist auch die Einwohnerdichte wesentlich geringer. In der Gemeinde Blaine leben heute 96 Menschen auf ca. 36 Quadratmeilen, das entspricht etwa 3 Menschen pro Quadratmeile. Vermutlich war die Bevölkerungsdichte um 1900 höher, vielleicht 70-90 Haushalte zu je 4-5 Einwohner. In der Gemeinde Edewecht leben hingegen heute rund 21.000 Menschen auf 113 km², d.h. 186 Menschen je km². Auch wenn in den Dörfern Edewechts weniger Menschen leben als im Zentrum, bleibt der Unterschied zu Amerika doch enorm.
In der zweiten Ehe von Hermann Schröder mit Anna geb. Harmdierks wurde Tochter Helene Marie Schröder 1893 geboren. Weil es aufgrund der Entfernungen keine Nachbarskinder zum Spielen gab, spielte sie mit ihren Hunden. Einmal brachte ihr einer ihrer Brüder einen Wolf, weil er das Muttertier erlegt hatte. Sie nannte das Tier „Woofie“.
Als Hermann Schröder sich dann als Landwirt niederließ, half er anderen deutschen Freunden auszuwandern. Er zahlte die Überfahrt und ließ sie bei sich arbeiten, bis die Fahrt „abgearbeitet“ war. Danach konnten sie selbst in den USA eine Farm beginnen oder eine andere Tätigkeit. So wanderten aus Westerscheps auch drei Vettern zweiten Grades von Hermann Schröder um 1900 nach Süd-Dakota aus. Darunter Heinrich Schröder (1868-1945), der auch nahe von Lane wohnte.
Nachdem Hermann Oltmanns, Vater seiner ersten Frau, in Osterscheps starb, kehrte Hermann Schröder 1907 mit zweiter Frau und Tochter Helene Marie zurück nach Deutschland, um sich um die Ziegelei zu kümmern. Im Februar 1910 ist Hermann Schröder wieder mit dem Schiff nach Amerika unterwegs, dabei zwei Freunde aus Edewecht, die auswanderten und ihm nach Lane folgten. Später kehrte Hermann dann wieder nach Deutschland zurück zu Frau und Tochter, die noch hier waren. Die Eltern Hermann und Anna kehrten 1923 dann endgültig nach Amerika zurück. Anna starb 1936 kurz nach ihrem 81. Geburtstag. Hermann starb Anfang 1939 ungefähr 89 Jahre alt. Tochter Helene Marie blieb als einzige in Deutschland, heiratete 1911 Gerhard Oltmanns (1882-1915) und führte mit ihm und nach seinem Tod für die gemeinsamen drei Kinder die Ziegelei in Osterscheps fort.
Von den drei Schröder-Familien in Amerika sind zahlreiche Nachkommen verzeichnet. Ein Nachfahre hat um 1990 eine Liste mit über 400 Personen angefertigt, die allerdings auch die Namen der Ehefrauen und Stiefkinder usw. enthielt.
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