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Erinnerungen an einen Platz, der seit Anfang an verstoßen ist
Oldenburg (Oldb)
Man braucht ihn eigentlich nicht wirklich, aber er ist nun mal da. Er führt ein Dasein im Schatten eines Parkhauses, streckt sich nicht aus zwischen Prachtfassaden von Schlosswache, Schlosshöfe und Schloss. Man hat ihn in eine Schmuddelecke gedrängt und da soll er nun endgültig raus. Deshalb diskutiert man seit Monaten über ein neues Gestaltungskonzept für ihn, in dem das Thema "Wasser" als gestaltendes Element und Blickfang im Mittelpunkt stehen soll.
Wer jetzt sein Navi auf die oben aufgeführte Position einstellt, der weiß, um wen es hier geht.
Richtig! Um den Waffenplatz.
Wir drehen den Kalender jetzt einfach 20 Jahre zurück. Im Jahr 1995 feierte die Stadt Oldenburg das 650-jährige Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte. Das ganze Jahr stand unter dem Motto dieses Jubiläums und die Vereine waren aufgefordert, Ideen für diverse Veranstaltungen einzureichen. Nur aus Jux wurde in unserem Verein die Idee geboren, den damals schon stiefmütterlich behandelten und ungeliebten Waffenplatz mit Wasser zu fluten und eine Riesenshow mit Schiffsmodellen zu veranstalten.
Offensichtlich gefiel, so wie wir später erfuhren, besonders unserem damaligen Oberstadtdirektor Heiko Wandscher die Idee so gut, daß sie tatsächlich nach etlichen Planungstreffen mit den entsprechenden Dienststellen der Stadt umgesetzt werden konnte.
Der tief liegende Platz wurde mit einer großen Folie ausgelegt und am Abend des 4.August übernahm die Feuerwehr mit dem Befehl "Wasser marsch" die Flutung. Der ganze nun entstandene See mußte -offensichtlich im Hinblick auf Spätheimkehrer der nahe gelegenen Gastronomie und Verhinderung eines unfreiwilligen Bades dort, wo sonst der Platz eigentlich trockenen Fußes durchschritten werden konnte- durch Frankfurter Gitter gesichert werden. Dieser ganze Aufwand war der Stadtverwaltung unsere Idee wert, denn so etwas hatte es in Oldenburg in den 650 Jahren vorher noch nie gegeben.
Dank eines großzügigen Sponsorings der Firma Carl-Wilhelm-Meyer (damals der Inbegriff der Haarenstraße an sich) konnten wir sogar auswärtige Schiffsmodellbauer, darunter Weltmeister und Deutsche Meister im Schiffsmodellbau einladen, die aus allen Teilen der Republik angereist waren, darunter auch junge Modellbauer aus dem Partnerkreis Rügen.
Rund um den Platz waren mehr als 200 Schiffsmodelle ausgestellt, denn nicht alle konnten zur gleichen Zeit auf dem Wasser sein. Da waren uns Grenzen gesetzt in Bezug auf die Fernsteuertechnik und die zur Verfügung stehenden Funkkanäle.
Der Seemannschor Oldenburg begleitete die Show einige Stunden mit passenden Shanties.
Bevor wir während der Veranstaltung den Seenotrettungskreuzer "HERMANN HELMS" getauft haben, wurde ein Telefongespräch zwischen der damaligen 1. Bürgermeisterin Frau Waldtraud Scheibert mit dem Vormann Bünting (Vormann ist der Kapitän eines Seenotkreuzers der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger) auf dem Original des in Cuxhaven stationierten Kreuzers auf den Platz übertragen.
Später führte unser Freund Kurt Prepens sein mit 3,78 m Länge vermessenes Modell der PRINSESSE RAGNHILD vor und wir hatten uns zu diesem Zeitpunkt mit dem norwegischen Kapitän Ellefsen der Original PRINSESSE RAGNHILD telefonisch verabredet, der uns am Telefon kurz vor seiner 19-stündigen Abfahrt von Kiel nach Oslo noch einige interessante Dinge erzählen konnte.
Mehr als 10000 Zuschauer waren an diesem Samstag den 5.9.1995 -damals noch ein sogenannter "Verkaufsoffener Sonnabend"-bei uns zu Gast.
In unserem Archiv existiert hierüber noch ein Film, den "RÜGEN TV" seinerzeit für einen regionalen Fernsehsender auf Rügen produziert hatte.
Ob der Waffenplatz zukünftig noch einmal eine solche Popularität erlangt? Zugegeben, Fontainen hatten wir nicht, aber für die Zuschauer gab es jede Menge zu sehen und vor allen Dingen dank der fachlichen Moderation unseres Vereinskameraden Manfred Kirchhoff und mir viel Wissenswertes von der Seefahrt im kleinen Maßstab und seinen großen Vorbildern zu erfahren.
Wenn wir einige der auswärtigen Gäste heute wiedertreffen, reden sie immer noch von der "Veranstaltung da auf dem Platz mitten in Oldenburg". "Das müßt Ihr noch mal wieder machen, so etwas haben wir noch nicht wieder erlebt."
Wir auch nicht. Uns bleibt die Erinnerung und eine ganz besondere Beziehung zu dem Platz, der Jahrzehnte lang ein Schattendasein führte und für den man einfach keine Verwendung hatte, den man zuschüttete und zu blühenden Gärten umfunktionierte um ihn anschließend seiner Blüten wieder zu berauben und wieder in sein tristes Dasein zu verbannen. Aber einmal durfte er strahlen, sein blaues Wasser in der Sonne spiegeln lassen, es karibischen Stränden gleichtun, durfte von vielen Menschen bewundert werden. Am 5. August 1995. Lange ist es her und ebenso vergänglich wie alles, was man ihm in den letzten Jahren angetan hat. Seine auf ihm geplanten Wasserspiele werden wohl eher an Oldenburger Schmuddelwetter erinnern, wenn sie einsam vor sich hinplätschern, als an karibische Strände.
Machs gut und zürne nicht mit denen, die es vermeintlich gut mit Dir meinen.
Deine Freunde vom Schiffs-Modellbau-Club Oldenburg,
die Dich ein einziges mal zum Strahlen gebracht haben
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