Sonntag, 15. April 2012, 13:57 Uhr
Kinderschutzbund

„Ich hab euch doch beide lieb!“ Kinderschutzbund Oldenburg hilft Scheidungskindern

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Wenn Eltern sich trennen, sind Kinder oft die Leidtragenden.

Oldenburg Wenn Eltern sich trennen, sind Kinder oft die Leidtragenden. Zu viele Probleme, zu viele Dinge, die nun zwischen Vater und Mutter geklärt werden müssen, können die Sicht für das nehmen, was das Kind jetzt braucht.

Kinder leiden unter der Trennung der Eltern. Immer. Wenn die zwei wichtigsten Menschen im Leben des Kindes auf einmal keine Einheit mehr sind, sich streiten, vielleicht sogar versuchen, die Konflikte über das Kind auszutragen, wenn sie sich um das Kind streiten, dann stehen Kinder schnellbetroffen in der Mitte zwischen beiden „Parteien“ und wissen oftmals nicht wohin mit ihren Gefühlen.

So erstaunt es nicht, dass Kinder sich oft schuldig an der Trennung der Eltern fühlen und versuchen, beide wieder zusammen zu bringen.

Dabei sind die Symptome ihrer Leiden vielfältig; Kopfschmerzen, Bauschmerzen und Abfall der schulischen Leistungen sind nur einige. Eltern erleben sich hier häufig ratlos: „Wie kann ich meinem Kind helfen, die Scheidung zu verarbeiten?“ ist eine viel gestellte Frage.

 

Der Kinderschutzbund Oldenburg bietet seit dreiJahren in einem, in der Region einmaligen Projekt, Kindern aus Trennungs - und Scheidungsfamilien einen geschützten Raum in dem sie sich mit anderen Kindern über ihre Erlebnisse und Emotionen austauschen können.

Das gut genutzte Angebot richtet sich an Kinder im Alter von 6 bis 12, die in altersgerechten Gruppen, unter fachkompetenter Anleitung, Bewältigungsstrategien und Lösungswege für problematisch erlebte Situationen entwickeln.

An einer Gruppe können maximal acht Kinder teilnehmen,so kann den Kindern eine pädagogische Bezugsperson als Ansprechpartner zur Seite stehen. Pro Gruppe sind zwei Erzieher tätig, jeweils ein Mann und eine Frau, die sich speziell zum Thema Trennung und Scheidung kontinuierlich weiterbilden.

Das Besondere ist zum einen der gute Personalschlüssel von zwei Fachkräften auf acht Kinder und zum anderen, dass ein Mann und eine Frau die Kinder begleiten. Denn oft fehlt den Kindern eine männliche Bezugsperson, die ihnen vorlebt, dass es zum Beispiel völlig in Ordnung ist, über Gefühle zu sprechen, gerade Jungen tun sich hier erfahrungsgemäß schwerer als Mädchen. Zu lernen, dass Trauer, Tränen und Wut erlaubt sind und dazu gehören, ist ein wichtiges Ziel der Gruppe.

Sie erfahren in einem wertschätzenden Rahmen, dass ihre Gefühle, so unterschiedlich oder gar widersprüchlich sie auch sind, gute Gefühle sind und erarbeiten sich Wege, diese auszudrücken.

Darüber hinaus lernen die Kinder, dass sie in ihrer Situation nicht alleine sind, können sich mit anderen solidarisieren und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Zum Beispiel „Was mache ich, wenn meine Eltern sich wieder streiten ?“

 

Die Gruppentreffen sind auf zwölf Treffen á 90 Minuten begrenzt. Pro Woche findet ein Treffen statt. Da diese für die Eltern, bis auf einen geringen Unkostenbeitrag für Material, kostenlos sind, ist der Kinderschutzbund auf kontinuierliche Spenden angewiesen, um das Angebot aufrechterhalten zu können. So können ständige Ausgaben wie zum Beispiel für Stifte, Kleber und Papier, aber auch, um mal einen kleinen Ausflug in das Eiscafé nebenan zu machen, nur durch das Engagement von Spendern bestritten werden.

Denn, obwohl dieses Angebot sehr gefragt ist, eine wichtige pädagogische Begleitung bietet und in der Region einmalig ist, gibt es keinerlei Zuschüsse von Stadt oder Gemeinde. Hier wird klar, dass die Sorgen und Nöte von Kindern aus Trennungsfamilien immer noch zu wenig im Bewusstsein der Öffentlichkeit stehen.

 

Begleitend zum Gruppenangebot finden drei Elternabende statt. Diese intensive Begleitung der Eltern soll den Fokus auf das kindliche Erleben von Trennung und Scheidung schärfen. Hier geht es nicht um die Probleme, die Eltern miteinander haben, sondern um die des Kindes und darum, was Eltern tun können, um dem Kind die Verarbeitung dieses einschneidenden Erlebnisses zu erleichtern.

Begleitet werden einige der Abende von einer Systemischen Familientherapeutin, die gezielt mit den Eltern Situationen bespricht, die geändert werden können und müssen. So soll zum Beispiel auf Streitereien vor dem Kind verzichtet werden. Klare Besuchsregeln und verbindliche Absprachen sollen Transparenz, Verlässlichkeit und Sicherheit schaffen.

 

Großes Ziel der Gruppe ist es, den Druck von den Kindern zu nehmen. Immer wieder wird die Schuldfrage von den Kindern thematisiert und immer wieder wird ihnen gespiegelt, dass nicht sie, sondern nur die Erwachsenen für die Trennung verantwortlich sind. Dies nimmt viel Druck von den Kindern und sie können es zulassen, dass sie selbst wieder mit ihren Gefühlen und Sorgen in den Vordergrund rücken dürfen. „Wie geht es mir eigentlich? Was fühle ich?“ darf dann gefragt werden. „Bin ich eigentlich nur traurig, dass die beiden sich trennen oder auch ein bisschen froh, weil nun die Streitereien aufhören? Darf ich überhaupt froh sein?“ Die Kinder lernen in der Gruppe, diesen und anderen Fragen nachzugehen, lernen, ihre Gefühle zuzulassen und auszudrücken, zum Beispiel auchdurch Malen von Bildern, Erstellen von Collagen, mit den Mitteln des Rollenspielsoder der Pantomime. Dabei werden sie in ihrem Prozess liebevoll begleitet. „Es ist immer auch Trauerarbeit zu leisten, wenn ein Elternteil geht.“ weiß Karin Kowalski, die die Gruppen zusammen mit Peter Schreiber betreut, und sie ergänzt: „Aber wir können hier zusammen mit den Kindern nach Wegen suchen, mit der Trauer umzugehen und oftmals positive Umgangsmöglichkeiten dafür finden.“

Denn die positiven Umgangsmöglichkeiten gibt es, bei allen negativen Emotionen, ganz sicherlich. Hier hilft dann eine starke Gruppe, den Blick nach vorne zu richten und sich klar zu machen: „Ich hab euch beide lieb und ihr bleibt immer meine Eltern, egal was passiert“.

Der Kinderschutzbund Oldenburg sieht sich hier in der großen Verantwortung, dieses stark genutzte  Angebot weiter für Kinder und Eltern zugänglich zu machen. Denn Kinder haben ein Recht darauf, dass  - gerade in solch traumatischen Situationen - jemand für sie da ist, der ihnen hilft, diese aufzuarbeiten und zu verarbeiten.

 Anmeldungen für die Gruppen können jederzeit beim Kinderschutzbund Oldenburg, Telefon 84590 (AB) erfolgen, weitere Informationen unter www.kinderschutzbund-oldenburg.de

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