Sonntag, 11. Januar 2015, 01:53 Uhr
Sturmschaden / Fliegerhorst / Hugo-Eckener-Straße

„Minimaler“ ökologischer Eingriff mit maximalen Konsequenzen

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Wie fehlender Sachverstand der Stadt Oldenburg Spuren hinterlässt Bauarbeiten auf Fliegerhorst gefährden Leib und Leben von Bürgern Umstürzende Bäume beschädigen Haus, zerstören Carport und PKW

Oldenburg (Oldb) Erinnern wir uns ein paar Wochen zurück: besorgte Bürger schöpften alle demokratischen Mittel aus, um die Wegeplanungen der Stadt Oldenburg im Zuge der Errichtung eines Asylbewerberwohnheimes auf dem Fliegerhorst von einem falschen auf den richtigen Pfad zu führen. Doch Rat und Verwaltung wussten es besser: lieber Bäume fällen; Flächen schinden und Tiere vertreiben, als ein Tor (am Mittelweg) aufzuschließen und vorhandene, ausgebaute Strecken zu nutzen. Böse Zungen im Rathaus sagten den Bürgern rechtsextreme Neigungen nach, andere beschieden den Bürgern, sie würden sich einer gesunden Entwicklung in den Weg stellen und wieder andere taten die Eingriffe als minimale, aber vertretbare, ökologische Eingriffe ab.

Sicher haben aber auch einige der Stadtoberen daran gedacht, dass Umwege über das Gelände des Fliegerhorstes nur dazu führen würden, dass ein Dilemma von Aberhunderten ungenutzter Abfallbehälter zur Begrüßung offensichtlich würde oder dass gar der Weg am ehemaligen Offizierskasino vorbei, den seit Jahren stattfindenden kulturellen Ereignissen in diesem Gebäude abträglich sei.

Mittlerweile laufen die Bauarbeiten auf Hochtouren, das Gelände gleicht einer, wenn auch nassen, Mondlandschaft. Wo früher Spechte klopften und Käuze riefen, brummen nun Bagger und kreischen Sägen. In der Nachbarschaft sind bereits deutliche Veränderungen der Tierwelt zu beobachten: die Waldvögel, ihrer natürlichen Nahrungsquellen beraubt, steuern in nie gekannter Intensität die winterlichen Fütterungsstellen an. Was vordergründig betrachtet possierlich und idyllisch wirkt, ist aber in Wirklichkeit der massive Eingriff in ein Biotop, dessen endgültige Auswirkungen noch kommen werden. Der Nahrungsgrundlagen und Nisthöhlen beraubt, werden viele Vögel abwandern bzw. ihre natürliche Vermehrung (die ja nur ihre natürliche Mortalität ausgleicht) aufgrund der geschrumpften Ressourcen zurückschrauben.        

 

Doch mit dem heutigen Tage hat das Treiben der Stadt Oldenburg einen neuen negativen Höhepunkt der Ereigniskette erklommen. Die wesentlich intensiver ausgeführt als zuvor geplanten Baumfällungen haben einzelne Bäume frei in den Wind gestellt. Diese Bäume deren Wurzelwerk nie zur Ausbildung starker Wurzeln gegen die Kraft des Windes gefordert wurde, standen nun frei und ungeschützt in Nordwestwind. Damit konnte offensichtlich keiner rechnen, sind doch starke Winde aus Nordwest hierzulande so selten. Höchstens im Winter und höchstens bei Sturm, vielleicht mal auch bei Orkan. Wurde den Bürger noch vor Monaten gebetsmühlenartig vorgehalten (vor allem die Stadtbaurätin Frau Nießen wurde nie müde dabei), es sei von oberster Bedeutung die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, scheint hier in der Begeisterung endlich einmal wieder so richtig loslegen zu können, doch der vermeintlich gute Vorsatz zur Sicherheit auf der Strecke geblieben zu sein. Die Bürger hätten es vielleicht ahnen können. Wurde doch von der Stadtverwaltung im letzten Jahr bei der Vorstellung der Planung der forstwirtschaftlichen Maßnahmen im Bürgerbusch klar und deutlich von Vertretern der Stadtverwaltung ausgesagt: „Sachkenntnis ist bei der Stadtverwaltung nicht vorhanden; wir müssen uns dieses Know-how zukaufen.“

Wer es jedoch gar nicht ahnte, waren die Bäume: fünf große Bäume ca. 20m hoch stemmten sich zwar erst gegen die Fällung, dann gegen Sturmtief „Elon“, aber Sturmtief „Felix“ machte ihnen den Garaus. Was nun folgte war fatal: Vom Nordwestwind getrieben, stürzten die Bäume in Richtung Hugo-Eckener-Straße auf die Grundstücke 26 und 28. Dem Wind und der Schwerkraft folgend begruben sie ein Carport samt PKW (von Totalschäden ist nahezu auszugehen) und richteten erhebliche Schäden am Doppelhaus 26/28 an. Der Aufprall war in der gesamten Hugo-Eckener-Straße zu hören und teilweise als Erschütterung des Bodens zu spüren. Der Anwohner des Hauses 26 kam glücklicherweise mit dem Schrecken davon, er hielt sich zum Zeitpunkt des Ereignisses im Haus auf. An jedem anderem Ort vor dem Haus hätten ihn die Bäume mindestens schwer verletzt, wenn nicht gar getötet. Der Bewohner des Hauses 28 war nicht im Hause. Einer der Bäume wurde durch einen alten Bunker am Ufer der Ofendieker Bäke  noch am Sturz gehindert, er hätte sonst das gesamte Dach der Haushälfte Nr. 28 voll getroffen.          

 

Dem beherzten und umsichtigen Eingriff der Feuerwehr Oldenburg ist hier die Vermeidung eines größeren Schadens zu verdanken. Stück für Stück wurde der schon halb über dem Dach hängende Baum von der Drehleiter aus abgetragen.

 

So weit so gut.

Die Bürger fordern jetzt unmittelbare Konsequenzen. Ein sofortiger Baustopp für den Weg vom Fliegerhorstgelände in die Hugo-Eckener-Straße. Begutachtung der Situation durch wirkliche Sachverständige und unter Umständen Sicherung der verbliebenen Bäume zum Schutz von Leib und Leben. Des Weiteren die unveräußerliche Zusage zukünftig selektive oder gar flächendeckende Fällungen von Bäumen im Südteil des Fliegerhorstes zu unterlassen. Nicht zu vergessen ist sicherlich die Verantwortung all derer, die sich für die Art und Weise diesen Weg auszuführen, stark gemacht haben: die überwältigende Mehrheit der Ratsmitglieder, sowie die Stadtverwaltung. Die Prüfung ob, es sich dabei um Fahrlässigkeit oder sogar grobe Fahrlässigkeit seitens der Verantwortlichen handelt, ist sicherlich durch die Justiz vorzunehmen. Als ein minimales Zeichen der Anerkennung der Verantwortung wäre sicherlich der vollständige Ersatz des Schadens an den Sachgütern zu werten.

 

Was bleibt für die Zukunft?

 

Die Frage, was für grüne Stadträte ein minimaler ökologischer Eingriff bedeutet oder (die Bürger wagen gar nicht daran zu denken) ein maximaler Eingriff. Die Frage, ob Piraten und Linke die Gefährdung von Anwohnern als sinnvolle Entwicklung betrachten. Die Frage, ob sozialdemokratische Stadträte überhaupt noch eine Beziehung zu den Bürgern wollen (die sie ja immerhin wählen sollen). Die Frage, ob die Fraktion FW-BFO noch andere Interessen als die Wahrung einer persönlichen Behaglichkeitssituation verfolgt. Die Frage, ob Christdemokraten noch andere politische Mittel anwenden wollen, als Bürgerberuhigung.

Diese Fragen werden die Bürger bei einer Kommunalwahl im nächsten Jahr beantworten und die politischen Vertreter haben die Qual der Wahl: den unbequemen Weg der Selbstreflexion beschreiten und sich die o. g. Fragen stellen und beantworten (von daraus abgeleiteten Handlungen wagt der Verfasser gar nicht zu träumen) oder den bequemen Weg (und aus Sicht der Bürger wahrscheinlicheren Weg) beschreiten und einfach weiter so verfahren wie bisher.

 

Als letzte große Frage bleibt, wie will eine Stadtverwaltung (offensichtlich und im Eigenbekenntnis ohne Sachverstand) die auf die Stadt zulaufenden großen Aufgaben bewältigen. Ein kleiner Radweg, ein minimaler Eingriff in den Wald erzeugen hier die massive Gefährdung von Menschenleben – was passiert dann erst bei wirklich komplexen Projekten?

Auch hier bedarf es eines generellen Umdenkens und/oder eines personellen Wechsels.

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