Dienstag, 20. Oktober 2015, 21:53 Uhr
Marathon Oldenburg

Laufen wie ein Uhrwerk

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Oldenburg Oldenburger Läufer machen Pacemaker beim Oldenburg Marathon

 
Am Sonntag war in Oldenburg wieder Marathon. Hunderte begeisterte Läufer rennen 42km hintereinander her in Richtung Ziellinie, aber bitte schön im Takt. Nicht zu schnell loslegen, das rächt sich später. Auch nicht zu sehr trödeln, sonst spürt man gnadenlos die Stoßstange des Besenwagens. Und damit keiner aus der Reihe tanzt, haben sich erfahrene Läufer aus Oldenburg als Taktgeber und Tempomacher für ihren Heimmarathon anheuern lassen: Egal ob drei, vier oder fünf Stunden geplante Zielzeit – für jedes Tempo war der gesuchte Taktgeben leicht zu identifizieren. Mit ihren gasgefüllten Luftballons und Leuchtwesten waren sie für alle Sportler im Startblock leicht zu erkennen und für die Zuschauer an der Strecke eine gute Orientierung.

Braucht man eigentlich für eine geplante Zeit von mehr als vier Stunden einen Tempoläufer? Einen Hasen? „Bei dieser Zielzeit ist man mehr Brems- als Zugläufer.“, weiß Volker Asche von den Laufsportfreunden Oldenburg zu berichten. Er war zum fünften Mal in Folge Pacemaker für 4:30 Stunden beim Oldenburg Marathon!

Aber ganz ehrlich: man kann es drehen und wenden wie man will. Ein Marathon bleibt ein Marathon. Ganz egal, ob man ihn schnell oder langsam läuft. Am Ende sind es 42,195 Kilometer! Und diese Strecke können selbst erfahrene Mehrfach-Finisher wie Wolfgang Weitkämper aus Edewecht nicht auf die leichte Schulter nehmen. Der Tempoläufer für die 5:30 Stunden hat bereits mehrere hundert Marathonläufe bestritten, hat aber immer noch den nötigen Respekt gegenüber der Strecke. Oder ist das etwa Angst, was sich da grundsätzlich einen Tag vor dem Marathonstart bei Neulingen wie bei alten Hasen bemerkbar macht? Ein schlimmes Grummeln in der Magengegend, plötzlich schmerzen die Knie und natürlich meldet sich pünktlich die verschnupfte Nase. Dann zwickt auch noch der Rücken. Wird es trotzdem klappen? Natürlich, diese gesunde Nervosität gehört wohl einfach dazu.

Der Marathon in Oldenburg ist im Vergleich zu Berlin, Hamburg und sogar zum Lauf in der Nachbarstadt Bremen eher ein übersichtliches Laufevent. Die Teilnehmerzahl ist überschaubar, und für die Oldenburger Tempoläufer sind die Wege kurz! Die Anreise muss nicht organisiert und auch kein Hotel gebucht werden. Die Startunterlagen holt man sich am Samstag beim Einkaufsbummel nebenbei ab. Es ist ja das „Heimrennen“. Da kann man morgens auch ganz locker mit dem Rad bis zur Startlinie fahren. Leider machte es der Dauerregen in diesem Jahr nicht angenehmer. Schon auf dem Hinweg nass geworden waren kurze Zeit später schon vor dem Startschuss nicht wenige Leuchtwesten der Tempomacher erneut durchnässt. Die Regentropfen perlten böse von den im Herbstwind wehenden Luftballons.  


Kurz vor dem Startschuss führen die erfahrenen Tempomacher genau wie viele andere im Startblock den allgemeinen Systemcheck durch: Nochmal schnell zum „Dixi“? Sitzen die Schuhe? Funktioniert die GPS-Uhr? Ein kleiner Smalltalk mit den Läufern links und rechts. Dann darf es losgehen. Nach dem Startschuss vom Theaterbalkon setzte sich die bunte Polonaise langsam in Bewegung.

 
Durch das überschaubare Teilnehmerfeld kommt es unweigerlich zu interessanten Gesprächen in der bunten Polonaise. Da gibt es junge Marathondebütanten genauso wie in die Jahre gekommene Wiederholungstäter. Viele können einen interessanten Schwank aus ihrem persönlichen Läuferleben zum Besten geben. Na gut, je länger die Strecke desto ruhiger und kleiner wird das Feld im Dunstkreis vieler Tempomacher. 

Das liegt natürlich auch daran, dass nach 21 Kilometern ein Großteil der Sportler ins Ziel abbiegt. Der Halbmarathon ist vorbei. Für die volle Distanz gilt es denselben Kurs durch die Stadt ein zweites Mal anzugehen. Mit plötzlich deutlich weniger Begleitung im eigenen Windschatten bleibt nun auch mal Zeit für einen kleinen Schwatz mit den vielen ehrenamtlichen Helfern, die überall an und neben der Strecke zu finden sind. Da wird Wasser in Becher gefüllt und den Läufern werden Äpfel und Bananen serviert. Die vielen Feuerwehrleute und Helfer vom THW regelten über Stunden den Verkehr, und schenkten trotz des Dauerregens den Marathonis noch ein freundliches Lächeln oder einen kleinen Applaus. Vielen Dank. Ohne diese netten Männer und Frauen würde an einem solchen Tag gar nichts laufen.

Ein besonderes Highlight für die Läufer war in diesem Jahr sicherlich wieder die Läuferparty am Röwekamp. Hier schlossen sich viele Nachbarn und Freunde zusammen und feierten Lautstark jeden Läufer. Mit dröhnender Musik, Laola und jeder Menge Applaus bekamen die müden Beiden hier wieder einen Art Motivationsschub.
 
Je länger das Rennen durch die Oldenburger Stadtteile geht, desto größer die Zahl der zu schnell abgetanzten Läufer, die jetzt kleckerweise von den Tempomachern mit den Ballons eingesammelt werden. Das sind dann die Momente, in denen die Sympathiewerte für die freiwilligen Tempomacher stark abnehmen. Denn während eines Marathons finden nicht alle die netten Sportler mit den dicken Ballons so richtig gut. „Nein! Nicht du! Bleib bloß hinter mir. Geh weg!“ Mit einem Grinsen im Gesicht macht sich bei einigen Marathonläufern leichte Verzweiflung breit und das erschöpfte Läuferhirn sorgt für überraschende Gedanken. Als wenn die Marathonis allein dadurch ihre angestrebte Zielzeit erreichen könnten, wenn der Pacemaker nur hinter ihnen bliebe. 

Alles in allem ist der Oldenburg Marathon ein Lauf der sich toll entwickelt hat. Viele der Tempoläufer werden im kommenden Jahr wieder am Start sein. Und wenn das Wetter mal wieder besser mitspielt und mehr Oldenburger Bürger an der Strecke für Stimmung sorgen, dann wird die Teilnehmerzahl in der laufverrückten Huntestadt stetig steigen. Die Organisatoren haben es mehr als verdient.

 

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