Mai 1932 und September 1939: Adolf Hitler in Varel
Zweimal hielt sich Adolf Hitler für kurze Zeit in Varel auf. Zwei zeitgenössische Presseberichte aus der Vareler Tageszeitung, geschrieben im Stil der Zeit, dokumentierten die Ereignisse.
Varel / Land Oldenburg
25. Mai 1932: Adolf Hitlers Fahrt durch die Straßen der Stadt Varel
Eine politische Veranstaltung mit dem nationalsozialistischen "Führer" und Reichskanzler Adolf Hitler gab es in der Stadt Varel weder in den Jahren der Weimarer Republik noch im gesamten Zeitraum des Dritten Reiches, jedoch durchquerte Hitler zweimal das Stadtgebiet: Im Wahlkampf zu den Landtagswahlen im Freistaat Oldenburg im Mai 1932 bereiste Hitler zum vierten Male das Land Oldenburg und trat mehrfach an größeren Orten auf.
So hatte die Parteileitung u.a. vier Großveranstaltungen mit Hitler im Nordoldenburgischen am 22. (Oldenburg-Ohmstede), 23. (Rüstringen), 24. (Rodenkirchen) und 25. Mai angekündigt, wobei der letzte Auftritt in Delmenhorst stattfand. Am Mittag des 25. Mai verbreitete sich in der Stadt Varel wie ein Lauffeuer die Meldung, dass Hitler auf seiner Fahrt nach Delmenhorst die Stadt passieren würde.
Diese Durchfahrt entwickelte sich zu einer Demonstration des enormen Interesses, das die Nationalsozialisten in der Endphase der Weimarer Republik in unserer Stadt fanden. In Varel hatte die NSDAP bereits Anfang 1931 die Mehrheit im Vareler Stadtrat errungen, als Stadtratsvorsitzender amtierte für die NSDAP der Arzt Dr. Friedrich Wegener.
"Der Gemeinnützige“ berichtete tags darauf in einer längeren Notiz (siehe Abbildung) über den begeisterten Empfang, den die NSDAP-Anhänger in der Stadt Varel ihrem „Heilsbringer“ bereiteten. Fotodokumente über diesen Vorgang waren trotz eines öffentlichen Aufrufs des Verfassers nicht aufzufinden.
28. September 1939: Hitler am Vareler Bahnhof
Das zweite Ereignis dieser Art, diesmal kam Hitler mit dem Zug, fand kurz nach Kriegsbeginn, am 28. September 1939, statt. Am folgenden Tage konnte man über diesen großes Aufsehen erregenden Vorgang in der Tageszeitung „Der Gemeinnützige“ folgende Zeilen lesen:
„Unser Städtchen Varel hatte gestern einen wirklich großen Tag; weilte doch der Führer auf dem hiesigen Bahnhof. Bereits zu früher Stunde lief der Sonderzug auf dem Vareler Bahnhof ein, (...). Wir hatten ja noch kurz vorher in den Zeitungen von den Frontflügen und Besichtigungen des Führers an der Ostfront gelesen, und innerhalb wenig mehr als 24 Stunden war der Oberste Befehlshaber in seinem grauen Soldatenrock schon im nordwestlichen Zipfel des Großdeutschen Vaterlandes, um außer seinem Aufgabenplan den tüchtigsten Männern unserer deutschen Kriegsmarine seinen Dank für ihr heldenmütiges Kämpfen in den verschiedenen Meeren abzustatten. In Wilhelmshaven waren die Männer der jungen U-Boot-Waffe angetreten, viele von ihnen schmückte bereits das Eiserne Kreuz, und mit ihnen saß der Führer dann beisammen und ließ sich von ihren Fahrten und ihren Taten erzählen.
In Varel hatte es sich gestern morgen überaus schnell herumgesprochen, dass der Sonderzug des Führers auf dem Bahnhof eingelaufen war. Wer wollte dies wohl im ersten Augenblick glauben? Wir haben es im ersten Augenblick selbst nicht glauben wollen, aber als man uns beteuerte: „Ich hab den Sonderzug ja selbst gesehen!' – da gab es für uns nichts Eiligeres, als sich aufs Rad zu schwingen und kräftiger denn je in die Pedale zu treten.
Richtung Bahnhof! – hieß unsere Parole. Wir waren nicht die Einzigen; überall sahen wir Jungen und Mädel, Frauen und Männer mit merkwürdig hastigen Schritten über die Bürgersteige schreiten; Fenster wurden aufgerissen und verdutzte Gesichter wussten im ersten Augenblick nicht so recht, was sie meinen sollten. Es war schon so, alles, was die Kunde vernommen hatte, strömte in Richtung Bahnhof.
Aus den Kontoren und Arbeitsstätten sah man kleine und größere Gruppen heraustreten; und wenn die Arbeit auch noch so wichtig war, das konnte ja alles in ein paar Abendstunden wieder nachgeholt werden. Nur erst einmal den Bahnhof sehen und dann einen Blick auf den Zug des Führers werfen – das wollten sie alle, die sich gestern vor dem Bahnhof stauten. Und wenn sie dann noch das große Glück haben sollten, den Führer selbst zu sehen?! Die Jungen und Mädel hielt es nicht mehr in der Schule. Eilig kamen die einzelnen Klassen auf dem Bahnhofsvorplatz an. Viele der Mädel hatten bereits Blumensträuße in den Händen, (...). Und die Frauen und Männer, die ebenfalls vor dem Bahnhof standen, sie haben ebenso gedacht und sie haben erst recht diese erhebenden Augenblicke in sich aufgenommen, da der erste Soldat des Großdeutschen Vaterlandes in nächster Nähe weilte. Lange haben viele am Bahnhof gestanden und gehofft, dass der Führer auf den Bahnsteig treten würde. Sie haben aber auch verstanden, dass der Zug, ohne ihren Wunsch erfüllt zu sehen, wieder aus der Bahnhofshalle fuhr.
Aber da zeigte sich der Führer am Fenster. In ernster Haltung grüßte er von seinem Wagen zu den Wartenden hinüber, die ihm zuwinkten und jubelnde Grüße hinüberriefen. Der Verladerampe entlang liefen wir dann mit noch vielen anderen, und noch einmal konnten wir den Führer am Fenster seines Wagens stehen sehen, dann rollte der Zug in Richtung Bahnhofsbrücke. Und nachmittags hat noch mancher das Glück gehabt, den Sonderzug des Führers wieder zurückfahren zu sehen.“
Zur Geschichte der NSDAP in Varel und Umgebung siehe auch:
Der Marsch ins Dritte Reich
http://www.ewetel.net/~holger.frerichs/index-Dateien/Page610.htm
Varel unter dem Hakenkreuz
http://www.ewetel.net/~holger.frerichs/index-Dateien/Page667.htm
Infos zum Verfasser:
http://come.to/holger.frerichs/
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