Freitag, 05. Mai 2023, 18:42 Uhr
Klimaschutz / Gebäudeenergiegesetz

Klimaschutz in den Kommunen: Klare Konzepte sind gefragt

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Wählergemeinschaft KLARE KANTE positioniert sich in der Klimaschutzdebatte. Stadt und Landkreis müssen Bürgern mit konkreten Angeboten nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ermöglichen.

Varel / Zetel / Bockhorn „Zeitenwende“ war im vergangenen Jahr. Für 2023 liegt „Wärmepumpe“ gut im Rennen: Die Gesellschaft für Deutsche Sprache (GfDS) kürt jedes Jahr das „Wort des Jahres“.
Besitzer alter und schlecht gedämmter Häuser würden wohl eher dafür plädieren, „Wärmepumpe“ zum Unwort des Jahres küren. Dabei hat sie das wirklich nicht verdient. Ja, die Anschaffung ist teuer. Und nein, sie ist wirklich nicht für jedes Haus die Heizung der Wahl. Aber die Kommunikation der Bundesregierung zur Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes war komplett aus dem Ruder gelaufen. Ein unfertiger Gesetzentwurf wurde an die Öffentlichkeit durchgestochen. Die Folge war ein Tsunami an Empörung. Hausbesitzer befürchteten einen teuren Zwang zum Heizungstausch ab Januar 2024, denn der Bundeswirtschaftsminister setzte eindeutig auf die Wärmepumpe als Heizung der Wahl.

Kein Zweifel mehr: Klimaschutz ist nicht länger ein grünes Nischenthema. Es geht ums Leben. Und für viele Menschen im globalen Süden geht es sogar ums Überleben. In Deutschland gibt es zu diesem Thema eine Vielzahl von Regeln, Gesetzen und Verordnungen. Viele dienen weder den Menschen noch dem Klima, denn sie fußen vielfach auf Ideologien und Verboten. Eine freie Gesellschaft nimmt so etwas aber nicht widerspruchslos hin. Eine Verbotspolitik wird unweigerlich zu einer Spaltung der Gesellschaft führen.

Fast unmerklich hat sich in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel ergeben: In den ersten Jahrzehnten unserer Demokratie war klar: Gesetze und Verordnungen sind Diener der Menschen und nicht etwa die Herren. Diese Zuordnung könnte sich umkehren. Eine Entwicklung, die unbedingt aufgehalten werden muss.
Die Wählergemeinschaft KLARE KANTE will zu einem ideologie- und verbotsfreien Umgang mit dem Thema Klimaschutz beitragen. Dazu gehört zunächst einmal klare Information.

Richtig ist: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) fordert ab 2024 beim Einbau so genannter Hybridheizungen, dass die Anlagen zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Aber in alten Häusern ist diese Vorgabe kaum umzusetzen. So mancher Hausbesitzer, der mit besten Absichten sein altes Haus gedämmt und abgedichtet hat wo immer sich eine Ritze bot, hat die Erfahrung machen müssen, dass Schimmelpilze in seinem Gemäuer neuen Lebensraum fanden. Heizungsbetrieb mit 35 % erneuerbaren Energien dürfte ein realistischer Wert sein.
KLARE KANTE sagt: Wärmepumpen gehören in Neubauten; alte Häuser brauchen andere Wärmequellen.

Aber die Novelle zum Gebäudeenergiegesetz zwingt ja auch nicht zum Einbau von Wärmepumpen. Sie lässt andere Technologien zu: Anschluss an ein Wärmenetz, Wasserstoff, Biomasse, all das ist möglich. Sogar neue Gasheizungen sind nach 2024 erlaubt, wenn sie nachweislich erneuerbare Gase nutzen.  
Als eine regionale Wählergemeinschaft erwarten wir von der Stadt Varel und dem Landkreis Friesland eine klare Ansage, welche Möglichkeiten die Kommune den Bürgern zur Verfügung stellen wird. Die Bereitstellung entsprechender Infrastruktur gehört zur Daseinsfürsorge, zu der die Kommune verpflichtet ist.  

In einem landwirtschaftlich geprägten Umfeld muss Bioenergie eine gewichtige Rolle spielen.
Die Wählergemeinschaft KLARE KANTE tritt für den Ausbau der Biomasse-Technologie ein.

Im Landkreis Friesland betreibt ein Zweckverband das Abfallwirtschaftszentrum in Wiefels.
Es ist zu klären, welchen Anteil Wiefels an der Bereitstellung von Energie durch Biomasse haben kann. Zu dieser Klärung fordern wir den Landkreis auf.

Wir sind uns der Kehrseite durchaus bewusst: Der Einsatz von Biogas kann dazu führen, dass Ackerflächen für den Nahrungsmittelanbau blockiert werden. Auch Geruchsbelästigungen sind bei unsachgemäßer Lagerung nicht auszuschließen. Aber Biogas ist klimaneutral, weil es nur so viel CO2 freisetzt, wie die Biomasse vorher gebunden hat. Und wo vorher die Leitungs-Infrastruktur fossilen Brennstoff transportiert hat, sollte sie jetzt eben für Biogas genutzt werden. Ein Verbot von Gasheizungen wäre deshalb unsachgemäß. Die KLARE KANTE lehnt ein solches Verbot ab.

Nicht nur bei der Entwicklung neuer Wohngebiete ist zu prüfen, ob zentrale Wärmepumpen für mehrere Gebäude zum Einsatz kommen sollen. Auch in bestehenden Quartieren muss überprüft werden, ob die vorhandene Infrastruktur den Betrieb einer zentralen Wärmepumpe möglich macht. Ob zentrale Wärmepumpen sinnvoll betrieben werden können, hängt immer auch davon ab, welche Qualität die bestehenden Wärmequellen haben. Für den Bereich der Stadt Varel fallen uns dazu zwei Fragen ein:

Welche Rolle kann die Jod-Sole unter Dangast bei der Entwicklung eines Fernwärmenetzes spielen?
Und: In welchem Umfang lässt sich Abwärme aus den großen Industriebetrieben der Stadt für die Wärmeversorgung nutzen?

Politik muss beim Thema Klimaschutz für einen weitestgehenden Konsens sorgen. Klimaschutz gelingt, wenn sie einsichtige Konzepte präsentiert und die Menschen auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität mitnimmt. Die Beratungen über das Klimaschutzkonzept der Stadt Varel in den zuständigen Ausschüssen des Stadtrates müssen diesem Ziel dienen. Und sie müssen dahin führen, dass die Stadt mit konkreten Maßnahmen Hausbesitzern und Mietern nachhaltigen Umgang mit Energie ermöglicht. 

Maßnahmen, die zur Folge haben, dass Menschen aus Kostengründen ihre Häuser verkaufen müssen, kommen einer indirekten Enteignung gleich. Das wäre der Weg in eine andere Gesellschaft.

Wie groß beim Thema Klimaschutz das die Gesellschaft spaltende Potential ist, wird beispielhaft daran deutlich: Warum muss man 80 Jahre alt sein, um vom Heizungstausch befreit zu sein? Diese Festsetzung ist natürlich willkürlich, und ein siebzigjähriger Rentner wird sich mit Recht fragen, warum er nicht in den Genuss dieser Ausnahmeregelung kommt.

Klimaschutz ist aber unser aller Aufgabe. Deshalb braucht es so etwas wie eine konzertierte Aktion von Wirtschaft, Politik und Bürgern.
Es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen dazu bereitzustellen.

Cornelia Papen (Vorsitzende KLARE KANTE)
Uwe Cassens (Ratsmitglied)

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