Sonntag, 08. Juli 2012, 21:01 Uhr
Kurverwaltung

Wie viele Betten und Autos kann Dangast noch vertragen?

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4. DiskussionspapierMMw für qualtatives Wachstum.  Modernisierung des alten Bestandes – vor einer Neuversiegelung von grünen Flächen. Stimme die Annahmen der Verwaltung?

Dangast
4. Diskussionspapier

Braucht Dangast zusätzlich Übernachtungsmöglichkeiten? Wenn „Ja“, wie viele unter welchen Bedingungen?


Das Konzept – wenn man den die 22-seitige Powerpoint-Präsentation des Kurdirektors als solches bezeichnen will - sieht zur Finanzierung der Ersatzbauern und der Deicherhöhung am Stand , vor die Flächen der alten Kuranlage incl. der noch unbebauten Flächen der „Sandkuhle“ zu verkaufen.

 

Neben der reinen finanziellen Aspekten – um durch den Verkauf an liquide Mittel für einen Ersatzbau zu kommen - spielt natürlich auch die Neuausrichtung des Angebotes an Gästebetten eine zentrale Rolle.

 

Neuausrichtung durch das „Konzept“:

 

Die Kurverwaltung spricht sich dafür aus das touristische Gästespektrum zu verändern. Bis zu 1000 neue Betten sollen auf den Flächen in Apartmentanlagen und Hotelanlagen zusätzlich entstehen:

- Steigerung Übernachtungszahlen

- Mehreinnahmen Kurtaxe

- Mehreinnahmen Dienstleistungsbetriebe (z.B. Quellbad)

- Vermarktung zusätzlich im Reisebüromarkt

-( Hotel) - Kettenmarketing (neue Kundenschicht, die auch jetzige FeWo-Inhaber interessiert)

-4*+ Angebot in Dangast (ganz neues Segment, auch in Verbindung mit Kultur, Kunst zu sehen)

-Ganzjährige Öffnung

 

sind die Schlagworte und meinen inhaltlich, dass Dangast seine Übernachtungszahlen um 33,33 % steigern kann uns soll.

 

Gleichzeitig wehrt sich Politik und Verwaltung bei dieser Dimension gegen den Begriff „Bettenburg“ und argumentiert, dass sie ja nicht einen, sondern die Fläche an mehrere, kleinere Investoren verkaufen.

 

Doch analysieren wir zunächst die Annahmen mal vor dem Hintergrund des gesagten:

 

Wer glaubt denn, dass eine 4 Sterne Plus-Hotel keinen eigenen Sauna- und Wellnessbereich anbieten muss. Also können wir die Erträge bezogen auf die kommunalen Angebote (Sauna und Schwimmbad) wohl doch stark nach unten korrigieren – der Strandeintritt ist für Kurkarteninhaber ohnehin frei.

 

Und da natürlich ein Hotelmanager auch nicht auf den Kopf gefallen ist, wird er ggf. auch versuchen die Rentabilität seiner Investition durch die Öffnung seines Hotelangebotes auch für die benachbarte Apartmentanlage usw. öffnen. Die bessere Erreichbarkeit der zentral gelegenen Hotelanlage wird vermutlich für die Nutzer dieser Angebote (insbesondere in der „Schmuddelwetterperiode“ ) eine höhere Anziehungskraft, als das noch zu schaffende Angebot am Strand haben. Insofern wäre es ratsam auch hier die Erwartungen von zusätzlichen Einnahmen nach unten zu korrigieren. Das Wellness-Angebot einer Hotelanlage mit einem 4 Sterne Angebot steht in direkter Konkurrenz zu kommunalen oder privaten Angeboten im gleichen Bereich.

 

Wenn 220 Apartments (mit gerechneten 158.400 Übernachtungen) nicht als „Bettenburg“ bezeichnet und ein Investor nicht zu einem Monopolisten in Dangst werden sollen, darf man wohl davon ausgehen, dass man bemüht sein wird (und dies deckt sich mit den Aussagen der Kurverwaltung), auch diese Betten auf mindestens drei unabhängige Anbieter zu verteilen?

Kann man bei nur 70 bis 80 Betten pro Vermieter wirklich noch mit einer nennenswerten Vermarktung über den Reisebüromarkt rechnen?

 

Die MMW befürchtet nein! Ein vergleichbares Projekt in einer ostfriesischen Tourismus- Kommune hat schon vor Fertigstellung der so genannten Apartmentanlagen zu einem Änderungsantrag geführt. Aufgrund von Finanzierungschwierigkeiten möchte man nun zumindest ein Teil dieser Anlagen doch lieber als Eigentumswohnungen auf den Markt werfen. Kann das bei uns auch passieren? Billiges Wohneigentum anstatt neue Impulse durch zusätzliche Gäste?

 

 

Die Dangaster Vermieter fürchten einen Verdrängunswettbewerb. Wettbewerb ist zunächst einmal gut und richtig. Viele Ferienwohnungen werden sich ohne ständige Verbesserungen ohnehin nicht mehr am Markt halten können. Doch auch ein Wandel braucht seine Zeit und die kleinen Altvermieter vor allem eine Perspektive, um die nötigen Modernisierungen durchzuführen. Bei einem massiven Angebot an günstigen und modernen Wohnanlagen und Hotelbetten , das rund ein drittel des bestehenden Angebotes entspricht, besteht diese Perspektive für die Vermieter nicht mehr (diese Entwicklung kennen wir vom Verdrängunswettbewerb „Tante Emma Laden“ versus Supermarkt). Größere Hotels und Investoren sind nur an ihrer eigenen Auslastung interessiert. In der sauren Gurkenzeit ist es für sie z.T. günstiger durch Lockangebote und Pauschalangebote (nah am Dumpingpreis) zumindest einen Kostendeckungsbeitrag zu erwirtschaften, als die Anlage verwaisen zu lassen. ….und wer würde als Gast nicht lieber für schmales Geld in eine neue Anlage wechseln, als in einer etwas älteren Ferienwohnung fürs gleiche Geld?

 

Die MMW teilt die Sorgen der Altvermieter. Die Politik muss sich hier die Frage stellen, weshalb fördert die Stadt überhaupt den Tourismus? Es ist doch kein reiner Selbstzweck, den Tourimus wegen des Tourismus zu fördern. Nein, die Förderung des Tourismus ist Wirtschaftsförderung und soll vor allem den Lebensunterhalt der Bürger sichern, die hier leben und ihre Steuern zahlen.

 

Der Aspekt der Steuern und der viel zitierten Wertschöpfung verdient natürlich ebenfalls eine etwas genauere Betrachtung:

Okay, die Vareler Unternehmen zahlen ihre Gewerbesteuern in Varel. Doch können wir auch davon ausgehen, dass bei einer Ausschreibung nicht ein größerer Investor zum Zuge kommt, dessen Firmensitz nicht in Varel ist und deshalb ggf. auch die Gewerbesteuer an Varel vorbeifließt? ... oder Gewinne durch Verluste der Firma in anderen Bereichen leider dazu führen , dass die öffentliche Hand leer ausgeht?

 

Aber auch die Wertschöpfung, also die Summe, die die Gäste als Touristen in der Region lassen, darf hinterfragt werden. Das „Konzept“ der Verwaltung rechnet damit, dass dass zusätzliche Bettenangebot insgesamt zu einem zusätzlichen Bruttoumsatz von 11,7 Millionen in der Region führt. Doch aus dem zuvor gesagten, kann man zumindest befürchten, dass dieser Betrag nicht in dieser Höhe ausfällt, wenn es (anstatt zu einem zusätzlichen Besucherstrom) nur zu einer Verdrängung kommt. Aber auch unabhängig davon darf man davon ausgehen, dass Pauschaltouristen – ähnlich wie die Camper nicht ganz soviel Geld außerhalb ihrer in sich geschlossen Hotelanlage (mit eigener Gastronomie, Shops und Wellnessbereich) lassen werden, wie die klassischen Gäste, die in kleineren Wohneinheiten ihren Urlaub verbringen.

 

Aber gehen wir mal davon aus, dass es gelingt wirklich 1000 Gäste pro Tag nach Dangast zu lotsen.

Dann stellt sich doch sofort die Frage, nach den Verkehrsproblem. Schon jetzt ist die Verkehrssituation in Dangast bedenklich. Bis zu 500 Pkw`s bedeuten auch bis zu 1000 Fahrten pro Tag mehr, die sich durch das Nadelöhr Langendamm und Dangastermoor zwängen. Das wird vor dem Hintergrund der bisher fehlenden Bahnunterführung in Dangastermoor bei Vollbetrieb des Jade-Weser-Portes nicht nur für die Dangaster ein echtes Problem.

 

Die MMW will sich nicht grundsätzlich gegen eine maßvolle Entwicklung von Bettenkapazitäten aussprechen. Doch gerade in Dangast sollte der Grundsatz verfolgt werden – Modernisierung des alten Bestandes – vor einer Neuversiegelung gelten (qualitatives Wachstum). Es ist zu befürchten, dass bestimmte private Ferienwohnungen ohne Modernisierung nicht mehr marktgerecht sind und eine weitere Versiegelung der Freiflächen die Attraktivität des Kurortes nachhaltig schädigt.

 

So das ist es erst einmal wieder.

 

Bis dann Iko

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