Dienstag, 09. Juni 2015, 20:13 Uhr
Migrationsberater Sami Vokrri / Westerstede

Das soziale Engagement des Sami Vokrri

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Westersteder Asylant setzt sich für die Flüchtlinge und Migranten im Ammerland ein

Ammerland / Westerstede / Bad Zwischenahn 1995 flüchtete er mit seinem Bruder aus dem Kosovo. Er lebte mit seiner Familie in der Stadt Podujevo. "Seine Familie, die Eltern und seine geliebte Heimat verlässt man nur, wenn man es unbedingt muss, wenn es ums Überleben geht", so Sami Vokrri. Schon mit 20 Jahren hat sich der junge Mann im Kriegsgebiet Mazedonien und Bosnien für die Migranten auf dem Balkan eingesetzt. Humanitäre Hilfe leisten zu wollen, wo das Leid des Krieges unermesslich war, war sein Antrieb. Nahrungsmittel mussten organisiert werden. Politisch verschaffte er seiner Arbeit gehör durch die Mitarbeit im LDK (Ligabund für den Kosovo, dem auch der Bürgermeister angehörte). Zusätzlich konnte er aufgrund seines Jurastudiums in Sarajevo vielen Menschen ganz uneigennützig helfen.

Sami Vokrris Weg vom Asylbewerber zum Migrationsberater
In Deutschland wurde der damals 25-jährige Asylbewerber zunächst drei Wochen in Hannover Langenhagen aufgenommen. Dort hat er seinen Asylantrag gestellt. Anschließend kam er mit seinem Bruder nach Bad Zwischenahn, wo er 10 Jahre verbrachte. 1996 wurde sein Asylantrag zunächst für zwei Jahre genehmigt, er wurde dann verlängert und 2006 bekam Vokrri dann seine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Dabei wurde berücksichtigt, dass er Arbeit gefunden und ein einwandfreies Führungszeugnis hatte. In Baumschulen und auf dem Bau hat er immer Arbeit gefunden und seinen Unterhalt verdient. Körperlich hat ihn das schwer mitgenommen, vier Bandscheibenvorfälle bedeuteten 2011, dass er nicht mehr körperlich arbeiten konnte. Da sein eigentliches Potential im Rechts- und Sozialwesen liegt, fragte er sich, was kann ich für diesen Landkreis und dann für die Stadt Westerstede, in der er seit 2005 lebte, tun. Ein Gespräch mit Bürgermeister Klaus Groß zeigte, dass er sehr für die Arbeit mit Migranten gebraucht wird. Er kennt ihre Sprachen Albanisch (Muttersprache), Serbisch, Mazedonisch, Deutsch, Französisch und weiß, wie sich Migranten fern ab von zuhause fühlen, was für grausame Bilder und Erlebnisse sie geprägt haben, wie sie vorher in ihrer Kultur gelebt haben und wie sie hier ankommen und aufgenommen werden können.

Leben in Westerstede – Ehrenamt im Ammerland
Sami Vokrri lernte 2002 seine Frau Valbona kennen. Sie bekamen drei Jungen Renis (9 J.), Rilnd (8 J.) und Eldrin (4 J.), die in Westerstede zur Schule und in den Kindergarten gehen, sie wachsen hier mit Gleichaltrigen auf. Valbona Vokkri hat eine Halbtagsstelle in einem renomierten Westersteder Hotel. Das Einkommen ist knapp, obwohl Sami Vokrri im Ammerland 230-240 Stunden monatlich ehrenamtlich arbeitet. Er hilft immer, ist für die Migranten rund um die Uhr, auch sonn- und feiertags telefonisch erreichbar. Auch nachts klingelt das Telefon, wenn beispielsweise ein Arzt zu Hilfe kommen muss.
"Die Migranten müssen Deutschland zunächst als Staat mit Gesetzen und Regeln begreifen und ihr Verhalten daran anpassen", so Vokrri. Er möchte das Leben der Migranten vereinfachen und sieht das größte Problem in der Sprache. Die Mentalität und Kulturunterschiede kämen hinzu. Zwischen Migranten und den Akteuren in unserer Gesellschaft (Schule, Ämter, …) ist die Kommunikation der Dreh- und Angelpunkt der Integration und einer guten Willkommenskultur. "Wir müssen die Menschen zunächst nehmen, wie sie sind - mit all ihren Bildern und Erfahrungen im Kopf - um sie dann dahingehend zu erziehen so zu leben, wie die Menschen es hier tun. Zunächst geht es immer erst um die Sicherung der Grundbedürfnisse, deshalb sind sie hier. Die Liebe zur Heimat bleib!", unterstreicht er.
In der Apothekervilla, der Kommunikations- und Kontaktbörse der Gesundheitsstadt im Grünen, engagiert sich Vokrri bei der Unterstützung der Integrationslotsen. Er begleitet deren Lehrgänge. Die Migranten werden bei Behördengängen, Arztbesuchen und auf Wegen im Alltagsgeschehen je nach Möglichkeit begleitet. Die Sprache ist eine hohe Barriere. So „arbeitet“ der Familienvater in Bad Zwischenahn, Apen, Edewecht, Rastede und in Westerstede. In der Robert-Dannemann-Schule begleitet er nach Möglichkeit den Deutschunterricht (als Zweitsprache), damit die Kinder den Anschluss möglichst schnell finden, denn das Lernen und Verstehen erfolgt über die Sprache.
Bei allem hat Sami Vokrri seine Heimat nicht vergessen. Aus Sorge um die Menschen dort, hat er mit Bürgermeister Klaus Groß zusammen Stühle und Tische für Schulen im Kosovo auf den Weg gebracht. In der Heimatzeitung stand: MIRE SE ERDHET HE WESTERSTEDE (Herzlich Willkommen Westerstede). Das macht ihn glücklich und stolz.

Höchste Anerkennung der Integrationsleistungen
Der Mann, dessen Steckenpferd das römische Recht in seiner Heimat war, ist dem Landkreis Ammerland und seinen Gemeinden eine wertvolle Stütze geworden. Er ist Mittler zwischen den Kulturen und fragt sich stetig, was kann ich für Westerstede, was kann ich für die Migranten im Ammerland tun?
Für seine unermüdliche Leistung ist die Anerkennung groß. Am 10.6.15 wurde er von Cornelia Rundt, Sozialministerin des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung für seine Aktivitäten im Landkreis Ammerland gelobt. Das ist Balsam für die Seele.
Als Akademiker, der mitdenkt und sich mit seinem Wissen, seinen Fähigkeiten und viel Engagement einbringt, wünscht er sich, dass er mit dieser Tätigkeit, die alle so sehr schätzen, auch seine Familie entsprechend ernähren kann. Er möchte keine finanzielle Unterstützung vom Staat und hofft für seine Kinder und für seine Familie auf ein besseres finanzielles Auskommen, das seiner Flucht und seinem Einsatz für Migranten, dem Einsatz für die Stadt und dem Landkreis gerecht wird.
Die Bilder des vierjährigen Krieges, den er erlebt hat, die zerstörten Träume in der Heimat, den Verlust von Familienmitgliedern, Freunden, Schul- und Studienkollegen, all das Leid der Alten, Frauen und Kinder wird er nie vergessen. Die Migranten vertrauen ihm und sie verlassen sich auf seine Hilfe.

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