Montag, 14. Mai 2018, 19:33 Uhr
Reisen

Besuch bei den Nachbarn in Nord-Holland

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Egmond aan Zee , ein Ort in der niederländ.Provinz Nord-Holland.In den 80igern entdeckten wir ihn eher durch Zufall.Es gab viel Interessantes, auch aus der frühen Geschichte. Wir kamen immer mal wieder hierher,wenn es sich gerade so ergab. Dieses Jahr sahen wir ihn wieder, in der schönsten Maiwoche mit ganz viel Sonne

Oldenburg / Ammerland
Besuch bei den Nachbarn in Nord-Holland
Wie lange waren wir nun schon nicht mehr hiergewesen, in dem kleinen Badeort Egmond aan Zee in der bezaubernden niederländischen Provinz Nord-Holland, nahe Alkmaar und auch nicht ganz weit entfernt von Amsterdam mit seinem internationalen und sehr großem Flughafen Schiphol. Alle namhaften Orte, die man ohne große Überlegungen einfach mit Käse und typischen niederländischen Dingen in Zusammenhang bringt, sind im nahen Umkreis zu finden. Darunter sind Gouda, Edam, Alkmaar sowieso, ... und auch noch ganz viele andere kleinere Orte wie Castricum, Bergen usw. .Speziell Volendam als Touristenhochburg ist vielen ein Begriff, weil dieser Ort besonders bei den asiatischen Reisenden beliebt ist, wie man im weiten Umkreis weiß. Alle Orte hier an der Küste sind mit typisch niederländischen Klischees behaftet. Holzschuhe(Klompen) tragen, so oft und wann immer es Eindruck macht.Trachten präsentieren, auf Events allemal beliebt.Meint man im ersten Moment auch, diese etwas "eigenwillig anmutend" nennen zu müssen, so können sie uns trotzdem einfangen und für sich begeistern. Jetzt , im Ortskern von Egmond, ist mir klar, daß sich die Empathie für das Land unserer Nachbarn, niemals verflüchtig hat, wir sind dem Charm dieser Kultur unbedingt verfallen.Speziell Egmond haben wir schon richtig vermißt und sind froh wieder einmal hier zu sein. Irgendwo in einer Oldenburger Werbung stand mal geschrieben, daß man Egmond und seine Sehenswürdigkeiten schon in 2,5 Stunden ab Oldenburg erreichen könne. D a s halte ich nun wirklich nicht für realitätsnah, ohne zu wissen, mit welchem Fortbewegungsmittel dieser Wert errechnet wurde. Aber trotzdem mag man meinen, daß die in Wahrheit eher 3,5 Stunden Fahrtzeit es unbedingt wert sind, um den schönsten Landstrich der Niederlande als Ziel zu sehen.
Unsere Reiseroute führt uns meistens über den sagenhaften , über 30 km langen Afsluitdijk, dessen Fertigstellung vor fast schon 90 Jahren, am 28. Mai 1932, eine Bereicherung für das Land darstellte.Landgewinnung und Schutz vor Sturmfluten spielten eine wichtige Rolle bei der Planung des Deiches. Man konnte damals fast nicht glauben, daß man es geschafft hatte, daß hier eine Abgrenzung des Ijsselmeeres zur Nordsee entstanden war, mit gleichzeitiger Funktion als Autostraße, die für eine schnelle Verbindung sorgte. Privat und wirtschaftlich zusätzlich ein Gewinn für das Land im Norden. Im Handel befindliche Schriften erzählen von der harten, fast unmenschlichen Arbeit , die die Menschen ohne grosse Hilfe von Maschinen, ausführen mußten.Die offizielle Eröffnung und Freigabe erfolgte aber erst ein ganzes Jahr später. Man kann Egmond über den Afsluitdiek , aber auch unten herum , wie ich es nenne, über Flevoland erreichen.W ir fahren meistens über den Afsluitdiek, wobei der Halt beim Monument, mitten auf dem Deich, schon ein Ritual auf der Reiseroute geworden ist.(Dort bekommt man Informationen über den Deich und wenn man will auch einen Kaffee ). Wir freuten uns wieder auf unseren kleinen Stop mit Imbißpause auf dem Deich, nach nunmehr 2,5 Stunden Fahrtzeit.Es sollte also eigentlich wieder wie immer sein, aber es kam anders. Und so fuhren wir, wie so oft, die Deichanhöhe noch in froher Erwartung auf einen schönen Blick über das weite Meer, bis zum Parkplatz hinauf. Eine ganze Weile vorher hatten wir auf dem Deich , besser gesagt, über dem Deich in der klaren sonnigen Luft schon beobachten können, daß sich dunkle schwarze Massen, wie Rauchwolken anmutend, kilometerlang am Deich entlangschoben. Der Meinung waren wir noch eine ganze Weile, bis wir dort oben anhielten. Fast wären wir hier schon ausgestiegen, aber dann erkannten wir in letzter Sekunde die Mückenschwärme , die allüberall waren und teilweise in Formationen gegen die Autos flogen. Aussteigen ging überhaupt nicht und so mußten wir das erste Mal nach langer Zeit auf unser Ritual verzichten. Schon bei der nächsten Tankstelle sahen wir das ganze Ausmaß der Mückenplage. Es parkten unzählige Autos dort, deren Besitzer allesamt mit Schwamm und Wasser damit beschäftigt waren, ihre Autos zu reinigen. Sowas war uns total unverständlich, und das im Mai, wo Mückenschwärme noch nicht wirklich ins Jahreskontingent passen. Da keiner uns etwas davon erzählen konnte, war es sehr hilfreich, daß mein Smartphone mir dank Google etwas Licht in diese Geschichte bringen konnte. Wenn man einen kühlen und nassen Frühling erlebte und darauf die Sonne sommerliche Temperaturen anbietet, dann spielen angeblich die Mücken verrückt und wollen die Weibchen „haschen“.Wie genau das alles zusammenhängt, das muß jeder mal selbst erforschen, wenn Interesse besteht.
Für mich wurde die Aussage schon mal etwas undramatischer mit der Behauptung, daß der Spuk nur ein paar Tage dauern sollte. Trotzdem habe ich hinterher bereut, daß ich von diesem Naturschauspiel kein Foto machen konnte . Das hätte ich aber auch nicht wirklich riskieren wollen. Ohne Aussteigen wäre das sicher auch nicht machbar gewesen. Dafür bekam ich aber später noch richtig tolle Tulpenfelder in förmlich explodierenden Farbtönen vor die Linse meiner Kamera, und die waren richtig prächtig und leuchteten ins Land hinein.
Ich komme ins Schwärmen, wenn ich mich auf der Strecke zwischen Egmond und Bergen befinde. Wenn die Sonne durch das Blätterdach nur noch vereinzelnd hindurchblinzeln kann, weil die Blätter der Bäume ineindergreifen, wenn man das Poltern der unebenen Straßen nicht mehr spürt, weil das Befinden auf einer paradiesischen Allee-Promenade alles verblassen läßt was unter kritischen Gesichtspunkten ein Mangel wäre, dann ist die Welt richtig schön und vollkommen in Ordnung. Paradiesische Eindrücke; wenn man das Paradies auch nicht klar erkennen kann, aber man bekommt zumindestens einen Eindruck davon, wie der Weg dorthin wohl aussehen könnte. So gerne wäre ich ausgestiegen , einfach um alles festzuhalten, auch wenn das sowieso nicht möglich gewesen wäre, aber das Halten wäre beim absolut ausgeschilderten Park- und Halteverbot auch ein Problem gewesen. Vorbei an den Höfen der Käsebauern, wo wir tatsächlich früher schon mal den leckersten Käse der Region gekauft hatten und vorbei an dem urigen Restaurant, wo uns auch unser Weg schon mal hinführte, damals noch mit geliehenen Fahrrädern . Durch Zufall hatten wir es entdeckt, das Haus für diejenigen Gäste, die Wert auf Überraschungen legen. Überrascht wurden wir mit der Einfachheit des Sandbodens, der mehrmals am Tag einfach nur durchgeharkt wurde und so wirkte, als sei man zurückversetzt in eine ganz andere Welt. Damals war es etwas ganz Besonderes, vor 30 Jahren, heute mag es dererlei vielleicht schon mal öfter geben.
Ich bestand unbedingt auf einen Stop bei diesem urigen Restaurant, aber leider war gerade Ruhetag angesagt. Von außen sah das Haus irgendwie moderner und ansprechender aus als früher und ich riskierte einfach mal einen Blick hinein, durch die blitzeblanken Fensterscheiben. Der Sandboden, den ich erwartet hatte, er war nicht mehr da. Man hatte einen robusten Holzfußboden gelegt und tatsächlich, es gefiel mir genausogut, obwohl ich die frühere Variante als einen Publikumsmagneten schlechthin als richtig gewinnbringender einschätzte , damals. Ob es wirklich so war, das weiß ich natürlich nicht. Nichts ist für immer, so verändert sich auch die Sicht auf so manche Erinnerung im Leben, man muß sie dann halt ein wenig korrigieren.

Die richtig pompösen Villen an dieser Straße haben uns zu unserem angelesenem Wissen die Bestätigung gegeben, daß es sich bei diesen Grundstücken um die teuersten im Umkreis von vielen 100 Kilometern handelt. Wir ließen den Zauber der Natur an uns vorbeiziehen, nahmen Fahrt auf in Richtung Bergen aan Zee und auch Bergen binnen mit wirklich exklusiven Modegeschäften, die man hier so nicht erwartet hätte. Man sagt, daß die Niederländer in der Modewelt allen anderen voraus sind, hier wird uns diese Aussage in Sachen Mode absolut bestätigt. Wir haben genug Kenntnisse, um die beiden Badeorte Bergen und Egmond vergleichen zu können. Natürlich hat jedes Örtchen für sich seinen natürlichen Charm, aber auch jeder Gast ist anders und sucht nach seinem
Ermessen die besten Möglichkeiten für sich aus.Auf unserer "to do-Liste" stand auch Alkmar und wir besuchten die Stadt mit dem legendären Käsemarkt, wo Tausende von Menschen sich um den Platz mit der „Käsemarkt-Show“ drängelten, in den Sommermonaten immer wieder zu den angebotenen Zeiten, um die beste Sicht zu ergattern.
In diesem Jahr war auch die Innenstadt von Alkmaar mit Neuigkeiten angefüllt. So konnte man auf Treppen rund um den Kirchturm in die Höhe klettern,“Klimm naar de Hemel“, natürlich waren die Tickets gegen ein Entgelt zu kaufen und der Erlös sollte, so nehme ich an, für die Instandsetzung des Kirchturms dienen. Wir sahen die originalen holländischen bunten Orgeln in der Straße, das prächtige Rathaus und Unmengen von abgestellten Fahrrädern in Bahnhofsnähe, deren Besitzer wahrscheinlich außerhalb, vielfach in Amsterdam, ihren Job machen.

Käse ist das Leitwort in dieser Stadt und so war es nicht verwunderlich, daß selbst die Wasserfontänen einer Springbrunnenformation, aus steinernen, nachgeformten Käselaiben in die Höhe schossen. Von Egmond aus fährt man bequem mit dem Bus in die Stadt und hat damit auch keine Parkplatzprobleme. Wir machten das auch so und waren schon auf der Hinfahrt sehr erstaunt, was uns da passierte als wir bezahlen wollten. Wir hatten schon das Kleingeld bereitgehalten, da die Fahrt u. E. mindestens 5 Euro pro Person kosten müßte, aber…..diejenigen, die eine Fahrkarte besaßen konnten damit fahren. Das andere System sei kaputt, meinte der Fahrer, wir könnten umsonst mitfahren. Genau das gleiche passierte uns auch auf der Rückfahrt, es war uns fast peinlich und als wir noch mal nachfragten, bekamen wir bestätigt, daß alles in Ordnung sei, wir sollten einen schönen Tag genießen. Sowas kann man sich nur in den Niederlanden vorstellen. Eine Abneigung gegen Deutsche? Keine Spur, sie wissen daß die Zeit eine andere ist, daß wir eine andere Generation sind und für die Taten der Väter nicht verantwortlich sind. Man muß nicht die Sprache unserer Nachbarn beherrschen, überall wird man recht gut verstanden , ja es ist eher ein fröhlicher Aspekt, den man umsonst dazubekommt wenn man mit deutschsprechenden Niederländern in Kontakt kommt, wenn ihre akzentreiche Deutschfassung fast einem kleinen sprachlichen Flirt gleichkommt. Herrlich anzuhören, denke ich dann und Niederländisch kommt doch der Sprache gleich, die bei uns Plattdeutsch heißt und heute einen großen Aufwärtsboom erlebt.
Ich zelebriere jedes Mal meinen morgendlichen Fitnessgang in diesem, unserem frühmorgens noch schlaftrunkenem Ort Egmond, wo die Ladenbesitzer langsam beginnen sich für den Tag vorzubereiten, ihre Auslagen vor die Tür zu schieben und noch müde gähnend in den Himmel schauen, ob das Wetter wieder so zauberhaft wird wie in den vergangenen
Tagen. Ich mag es auch, wenn die Stille in den Straßen einen vollkommen anderen Eindruck vermittelt über das Leben in diesem kleinen Ort. Aber dieser Zustand dauert nicht lange an, dann sitzen die Touristen wieder massenhaft vor den Lokalen, lassen sich Pannekoken, Eis und natürlich auch Kibbelings schmecken. Auch wir aßen hier schon früher, und heute auch noch, die besten Kibbelings auf der Hand, den süßesten Kuchen vom besten Bäcker im Badeort Bergen und genossen die warmen Maitage des Jahres 2018. Fast mag man diese Gegend nicht verlassen ohne einen Plan für einen nächsten Besuch gemacht zu haben, aber irgendwann einmal ist alles Schöne vorbei.

Aber nein, vorbei ist es nicht, es ist immer noch hier für viele andere Gäste aus allen Ländern der Welt und wahrscheinlich im nächsten Jahr auch wieder für uns, vielleicht sogar im Mai wenn die Tulpen auf den Felden wieder blühen, der Käsemarkt in Alkmaar uns ruft oder wir einfach nur relaxen auf einer Bank unter schattenspendenden Bäumen in Egmond aan Zee und den Möven hinterschauen.


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