Donnerstag, 08. Januar 2015, 17:02 Uhr
Reisen

Santa Lucia, ein Paradies in den Bergen

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Die Bergwelt von Gran Canaria hat ihren ganz eigenen Lebensstil, so bescheiden und voller Dankbarkeit. Im Schutze der riesigen Bergformationen ist das Leben in den Dörfern eine behütete Gemeinschaft, die sich die Bewohner möglichst langfristig erhalten wollen.

Oldenburg / Oldenburger Land Aus dem Autoradio klingt passend zur Situation ein klagendes Halleluja. Die Serpentinen wollen einfach kein Ende nehmen und jede Begegnung mit einem anderen Wagen bringt das Adrenalin zum Überschäumen, ich weiß nicht ob ich den Weg fortsetzen möchte oder auf dem Absatz – sprich auf vier Rädern – umdrehen soll. Aber ich bin nicht der Fahrer und so habe ich wohl eh‘ keine Wahl und…es würde auch gar nicht klappen.
Wir setzen die Fahrt natürlich fort, denn solche Momente haben wir schon oft erlebt in den vergangenen Jahren. Wenn auch der Weg für mich nicht das Ziel darstellt, wie es so oft zitiert wird, mein Ziel liegt am Ende des Weges und der Ort, den wir anstreben, heißt Santa Lucia in den Bergen von Gran Canaria.
Auch wenn die nervliche Belastung der Serpentinenfahrt in den vergangenen Jahren schon nach und nach etwas streßfreier (nur ein wenig) geworden ist, sie ist immer noch hoch genug. Vor ungefähr 20 Jahren, als wir das erste Mal hier hochfuhren, da waren die Straßen noch schlechter, es gab kaum Leitplanken oder befestigte Haltebuchten, lediglich eine Aussichtsplattform diente als Zwischenstop. Damals waren die Fahrten runter nach Playa absolute Herausforderungen auf höchster Ebene. Wir lebten damals 2 Monate auf einer Finka, in der Nähe von Santa Lucia. Der Finka-Besitzer hatte während unseres Aufenthaltes einige bekannte Besucher zu Gast, deren Namen man schon oft in den Medien gehört hat. Auch sie, die den Luxus gewohnt sind, waren von dem kleinen Paradies in den Bergen begeistert. Ab und zu fuhren wir runter nach Vecindario oder Playa del Ingles, um Einkäufe zu tätigen.
Einen Bäcker gab es schon damals in Santa Lucia und einen oder zwei Lebensmittelläden. In einem der Lebensmittelläden herrschte „Mama Lucia“, wie der Sprecher des Radiosenders sie bei den Touristenfahrten in die Berge anpries. Beim ortsansässigen Bäcker gab es straßenseitig eine große Tür, wie früher in den Bauernhäusern auf dem Land, da ging man einfach rein und stand mitten in der Backstube mit den riesigen Blechen voll Brötchen und Kuchen. Pan – Brote- mit ohne ohne Anis verlangten die meisten, und sie schmeckten richtig gut.
Ein älteres Ehepaar verkaufte und fertigte gleichzeitig die Backwaren, alles in Eigenregie.
Seit einigen Jahren ist es anders geworden, da wurde ein kleiner Laden angebaut.Dort gibt es jetzt Verkäuferinnen, die Brot und Kuchen verkaufen und draußen auch Sitzplätze, wo Kaffee und kleine Snacks oder auch Kuchen bestellt werden können. Also schon richtig mit Service.
Wir wundern uns etwas, daß auch dieser einheimische Bäcker heute geöffnet hat, denn wir schreiben schließlich den 06. Januar, den Dreikönigstag, an dem die Spanier offiziell ihren „Bescherungstag“ haben. Zwar sind schon viele dazu übergegangen, die Geschenke für den Heiligabend und den Dreikönigstag zu splitten, aber offiziell ist immer noch der 6. Januar ein Feiertag.Die Läden in den Städten hatten dafür am Vortag extra bis Mitternacht geöffnet , damit bis zur letzten Minute eingekauft werden konnte.
„Bei Mama Lucia“ hat der heutige Tag wohl etwas mit der spanischen Ehre zu tun, denn die sonst so geschäftstüchtige ältere Dame hat ihre Verkaufstätigkeit für diesen Tag eingestellt, ihr Geschäft blieb geschlossen..
Während die Mittagssonne die weiße Kathedrale von Santa Lucia in ein besonderes Licht setzt, erkunden wir die Plätze drumherum, die als Parkplatz oder auch als kleiner Park mit Ruhebänken hergerichtet wurden. Blühende Rosenbeete , die uralten Stämme der Platanen und Palmen sind eingebunden in das Aussehen des Ortes, dem man keine Minute diese Neuerungen und Verschönerungen übel nimmt, im Gegenteil , man registriert eher fast erstaunt, daß man selbst hier oben schon diese fortschrittlichen Maßnahmen geschaffen hat.Man hätte es disem verträumten Ort Santa Lucia eigentlich noch nicht so schnell zugetraut.
Von dem 1. Restaurant im Dorf (es gibt noch ein weiteres) spricht und sprach man schon immer als das „HAO“, wobei man voraussetzt, daß man dort mindestens ein paar Mal gewesen sein muß, zumal wenn man schon längere Zeit hier verbracht hat. Aber wir waren noch nie dort, zuwenig an Fleisch interessiert, zuwenig Vertrauen auf fremde Kochkunst?
Ein riesiges Freilichtmuseum begegnet uns auf dem Rundgang, originelle Straßenlaternen und das bezaubernde , fast lautlose Hintergrundbild des Bergreliefs. Wären da nicht hin und wieder ein paar brummende Autos unterwegs gewesen, es hätte durchaus eine Momentaufnahme sein können.
Das Blau des fast wolkenlosen Himmels ist hier oben besonders intensiv, kein Mensch denkt hier oben daran die spanische Manana-Mentalität zu durchbrechen.
Immer noch ziert die Weihnachtsbeleuchtung die Straßenzüge; in den angrenzenden Gärten leuchten mir Zitronen und Apfelsinen entgegen, Oliven und mir unbekannte Früchte reifen in der wärmenden Sonne.
Wir gehen noch ein Stück, begutachten das Centrum Social, das auch neu errichtet wurde und finden, daß diese Art Centren, die es hier auf der Insel vielfach gibt und die der Kommunikation der zumeist älteren Bürger dienen, eine schöne Einrichtung ist.Man hat die Senioren der Gesellschaft in der Mitte des Ortes dabei, direkt mittendrin. Das Ansehen der älteren Dorfbewohner ist Ehrensache in den Bergdörfern.
Spielgeräte für Kinder, ein paar Sportgeräte, ein bißchen von allem ist „für alle“ hergerichtet worden, Skulpturen, die bestimmt eine Bedeutung haben, aber für deren Recherche mir die Zeit einfach fehlt. Und immer wieder die schützenden Bergwände, die je nach Stand der Sonne in den verschiedensten Schattierungen glänzen.
Ganz oben, auf dem Pico de las Nieves, der 1.949 m hoch ist, dominiert die millitärische Radarstation, von der aus die gesamte Überwachungstechnik gesteuert und der Luftraum über der Insel bewacht wird. Die ganze Anlage ist sicherheitstechnisch gut abgeschirmt. Kein Unbefugter hat eine Chance sich hier Einlaß zu verschaffen. Und der höchste Punkt der Insel ist somit auch nicht zu erreichen, er liegt inmitten der Anlage.
Dort oben ist es so kalt, daß es sogar hin und wieder Schnee gibt, dann sieht man die Touristen oben mit T-Shirts und teilweise barfuß in Sandaletten am Grill stehen, weil die Einheimischen schnell die Situation nutzen und während solch seltener Ereignisse (allzuoft kommt es natürlich nicht vor) oben ein Geschäft wittern. Und damit behalten sie fast immer recht.
Heute haben wir unseren Ausflug in Santa Lucia beendet und sind nicht weitergefahren. Der Ort gab uns soviel schöne Eindrücke mit auf den Weg, hat uns mit seiner Ruhe und der sagenhaften Sommer-Sonntags-Stimmung wieder mal für sich eingenommen. Und während man entspannt die Stille zu akzeptieren beginnt, legt sich leise und aus ganz weiter Ferne vernehmend, ein untermalender Gesang auf die Szenerie. Die Einheimischen, die aus den Städten hierherkommen wenn Feiertage angesagt sind, die ziehen mit ihren Instrumenten und Gesängen in die Barrancos.
Man könnte vermuten, daß unsere Abfahrt jetzt etwas günstiger verlaufen würde, aber die Serpentinen ringeln sich genau wie bei der Auffahrt ständig auf einem up- and down-Level und wäre da ein Vorteil zu erkennen gewesen, dann könnte er sicherlich nur als unwesentlich eingestuft werden.
Während der Abfahrt hat der Beifahrer aber immerhin noch die Möglichkeiten sich an den wenigen ersten, zartschimmernden Mandelblüten zu erfreuen. Die Mandelbäume sind in den Bergen erst Anfang bis Mitte Februar in voller Blüte zu sehen.
Dagegen sind die Kakteenfelder dicht an den Straßen gelegen mit schweren Früchten übersäät, aus denen die Einheimischen eine ganz tolle Marmelade und viele Säfte machen. Auf den Märkten gibt es sie zu kaufen und ihnen wird eine heilende Kraft bei vielen Krankheiten nachgesagt.
Es gibt viele Grillplätze mit fest vorhandenen Grillvorrichtungen. Dort sind unzählige Menschen, ja ganze Familien mit ihren Grillutensilien anzutreffen, die aus den Städten kommend hier ihren Feiertag verbringen.
Auch wenn somit der Weg etwas beschwerlich und anstrengend war, das angestrebte Ziel hat uns dafür mehr als belohnt. Santa Lucia erreichten wir über den Weg an der Aussichtsplattform Mirador und an den Örtchen Fataga und Rosiana vorbei.

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