Montag, 14. Dezember 2015, 13:36 Uhr
Weihnachten 2015

"Wiehnachts-Avend"

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Eine wunderschöne Zeit inmitten der vielen Weihnachtsmärkte, untermalt mit herkömmlichen oder neueren Gesängen vom Tannenbaum oder auch schon von "Mary's Boychild ". Für Familien mit Kindern gibt es keine schönere Zeit im Jahr;für Randgruppen und Einzelpersonen sollte es gerade in dieser Zeit mehr Begleitung geben.

Oldenburg / Apen / Westerstede
Meine Besuche im Seniorenheim gaben mir die Vorlage zu meinen weihnachtsbezogenen Zeilen, oder auch Gedicht, auf Ammerländer Mundart.
Vor vielen, vielen Jahren sind sie mir eingefallen, weil ich emotional so eingebunden, so berührt war von dem Umfeld und den Empfindungen vieler älterer Menschen, die ich in Heimen in Edewecht und Westerstede antraf.
Als ich anfing, die alte Dame in dem Seniorenheim in Edewecht, später Westerstede, zu besuchen, da war mir klar, daß ich fortan mit wöchentlicher Regelmäßigkeit meine Besuche wiederholen würde, denn ich wollte sie nicht enttäuschen; auch wollte ich ihr etwas von dem zurückgeben, was ich früher – als kleines Kind – von ihr bekommen hatte.
Es war eher Zufall gewesen, daß ich von ihrem Aufenthalt im Heim erfuhr, aber es dauerte nicht mehr lange, bis ich den Entschluß faßte, sie zu besuchen. Es war so lange her seitdem ich sie das letzte Mal gesehen hatte, fast 30 Jahre. Damals war sie unsere Nachbarin in meinem Geburtsort Klauhörn; sie hatte mir so manche Träne getrocknet und oftmals meinen Kummer geteilt.
Die Hemmschwelle war zuerst sehr groß, zuviel Zeit war vergangen, aber sie hatte mich sofort erkannt und bald hatten wir wieder eine so wunderbare Gesprächsebene, fast wie früher. Wir sahen unsere gemeinsamen Stunden beide als ein Geschenk an und ich wollte sie fortan gerne weiterhin begleiten und nicht mehr alleine lassen.
Zwar hatte sie noch ihre Kinder, die sich kümmerten, aber offensichtlich freute sie sich auf meine Besuche und merkte sich den Tag meines nächsten Besuches, den ich ihr genannt hatte, immer ganz genau.
Während meiner Aufenthalte sah ich auch viele Menschen, die ganz alleine auf der Welt waren oder ihre Angehörigen hatten gerade etwas Besseres zu tun, vielleicht. Ich bin mit meiner Tante Hanni, so nannte ich sie immer schon, auch zehn Jahre durch die Weihnachtszeiten gegangen. Habe beobachtet wie die älteren Menschen sich über die Weihnachtsdekoration freuten und wie sie gemeinsam Lieder sangen oder Vorführungen ansahen. All das hat sie sicher abgelenkt, von ihren Gedanken und von ihren Erinnerungen an bessere Zeiten als sie noch mobiler waren. Aber letztendlich blieben sie in ihrem Herzen dennoch alleine, umbarmherzig und hart, nur mit ihren Träumen, die viele nicht mal mehr zu Ende träumen konnten, da die Krankheit des Vergessens ihnen sogar diese Möglichkeit genommen hatte.
Meine Tante Hanni wurde von ihrer Familie geliebt und war meistens sehr zufrieden in ihrer Umgebung, die aber natürlich die Familie nicht ersetzen , nur etwas ausgleichen konnte. Bis zu ihrem Ende aber war sie gut versorgt.
Andere Ältere, die nicht die Möglichkeit auf entsprechende Unterbringung haben, vielleicht sogar den Heiligabend alleine verbringen müssen, davon gibt es so viele, in ganz Deutschland und überall auf der Welt.
Gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, sind die Gedanken, Gefühle und Erinnerungen besonders stark und die Einsamkeit ist extrem belastend.
Auch wenn die Bediensteten der Hilfsorganisationen und Heime sich bemühen, es fehlt ihnen oft an Zeit und Kraft. Wir alle , die wir in der Lage sind uns zu engagieren, sollten darüber nachdenken was wir tun können, um Menschen an die Hand zu nehmen, ihrer Psyche etwas Halt zu geben. Die Älteren haben es schließlich auch für uns getan; sie waren es, die uns die Steine aus dem Weg geräumt haben, den Weg ebneten, der uns ins Leben führte.
Wenn wir geboren werden benötigen wir Hilfe, um den Weg ins Leben zu finden.Wenn wir gehen, dann benötigen wir wiederum Hilfe , damit wir wieder herausfinden aus diesem Leben, in dem wir uns alleine nicht mehr orientieren können.

Wiehnachtsavend
Wiehnachtsavend un ik bün alleen,
nüms is mehr dor, de süht dat ik wen.
Ok Tiet kann kiene Traanen drögen,
de Minsch mutt sik woll in sien Schicksaal fögen.

Doch anner Johr schall’t anners gahn,
denn wen ick nich een eenzig Tran,
denn kummt se all un singt mit mi,
denn ward dat fröhlich as noch nie.

Un’t anner Johr, bold weer’t ok dor,
dor weer dat allens nicht mehr wahr.
Wiehnachtsavend, ik bün weer alleen,
un dorbi schull’t doch ganz anners ween.



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