Zwei blonde Löckchen
„Trennung ist unser aller Los“, schrieb ein Ur-Ahne. Gerade eben trennten wir uns vom Jahr 2014, was das Jahr 2015 uns bringen wird, das wissen wir nicht, aber wir wünschen uns , daß wir ein ganz und gar positives Jahr erleben können.
Oldenburg / Oldenburg Land / Gemeinde Apen
Wenn wieder einmal ein Jahr zu Ende gegangen ist, ein Jahr voller Erlebnisse, dann läßt man es ganz gerne auch Revue passieren. Die Erinnerungen und die Gedanken bekommen Flügel und sie fliegen ganz oft auch viel viel weiter als man wollte, sie fliegen einfach davon.
Man erinnert sich sowohl an schöne wie auch an traurige Momente und so manches Mal wird es dem einen oder anderen nicht leicht gefallen sein, das Jahr 2015 mit Fröhlichkeit zu empfangen.
Flugzeug- und Schiffsunglücke, unmittelbar vor dem Jahreswechsel, ließen die Welt den Atem anhalten, voll Mitgefühl mit den Angehörigen und innehaltend um das Wissen, wieviel Schmerz bei dem Verlust eines Familienmitgliedes, eines Vaters, einer Mutter, eines Kindes oder sogar mehrerer Personen auf einmal, von einer Familie verkraftet werden müssen
Manchmal gelingt es nie, dachte ich beim Anblick der zischenden Raketen und krachenden Böllern in der Sylvesternacht.
Dabei dachte ich an eine Geschichte, die mir meine Großmutter erzählte als ich noch ein kleines, etwa 10-jähriges Mädchen war. Ich liebte ihre Erzählungen sehr, auf einem kleinen Hocker zu ihren Füßen sitzend.Die Geschichten waren alle authentisch und hatten in ihrem Leben eine Rolle gespielt.
Sie hatte harte Zeiten erlebt in ihrer Kindheit, ihrer Jugend. Oma und die Familie mußten mit vielen Schicksalsschlägen fertig werden . Krankheiten konnten noch nicht so behandelt werden wie heute, Kinder starben noch an Scharlach und sogar geringfügigeren Krankheiten. Oma hatte auf diese Weise mehrere Geschwister verloren.
Ich war mit einer kleinen Schatulle zu ihr gekommen, die ich bei uns zu Hause in einer Schublade neben Orden und Soldbüchern gefunden hatte und war erstaunt gewesen über die zwei kleinen Haarlocken, die jeweils mit einer Schleife zusammengebunden in dem Kästchen lagen, daraufhin fing Oma zu erzählen an:
Zwei ihrer Geschwister, 3 und ein Jahr alt waren an Scharlach gestorben, in einem Jahr auf zwei aufeinanderfolgenden Tagen.
Es war damals üblich die Toten der Familie bis zur Beerdigung auf der ländlich-bäuerlichen Diele zu belassen, sodaß alle sie noch mal ansehen konnten und die Nachbarn hatten sie zwei kleine Engel genannt, in Klauhörn in der Gemeinde Apen.
Sie selbst war 10 Jahre alt gewesen und als einzigstes Andenken an die Kleinen waren ihr zwei kleine Löckchen geblieben. Sie habe es nie vergessen können, sagte sie mir und weinte immer noch um die Kleinen, Oma war inzwischen 80 Jahre alt, damals.
Meine Großmutter war schon lange nicht mehr bei uns, da entdeckte ich in einer uralten Bibel, die ich gerade entsorgen wollte, weil sie kaputt und zerfleddert war, handschriftliche Eintragungen. Sie stammten von einem Ur-Ur-Ahnen und belegten den Tod der kleinen Mädchen, von deren tragischer Geschichte ich erfahren hatte. Am 09. Und 10. November des Jahres 1886 war es gewesen als man die kleinen Engel gehen lassen mußte. Wie dunkel und freudlos mag dieses Jahresende damals für die Eltern gewesen sein.
In Deutscher Schrift entdeckte ich unter dem Eintrag den Satz:“Trennung ist unser aller Los“.
Wie recht er doch damit hatte,dieser Ur-Ahne, jeder muß loslassen, früher oder später und wann genau das ist, das kann keiner sagen.
Es ist durchaus nicht selbstverständlich daß jeder von uns wieder ein neues Jahr im nächsten Jahr begrüßen und den Jahreswechsel mit Fröhlichkeit erleben kann, wenn es so ist, dann sollte man dankbar dafür sein.
Ich erlebte den diesjährigen Jahreswechsel auf einer spanischen Insel, nur ein paar hundert Kilometer von Afrika entfernt . Um Mitternacht ging der Sylvesterbrauch mit Raketen und Böllern ebenso wie in anderen Ländern leuchtend und fröhlich über die Insel.Eine Stunde später als in Deutschland und manche brachten ihre Weintrauben direkt mit an die Promenade, wo Menschen sich für das Feuerwerk versammelt hatten. Der Brauch in Spanien ist so, daß man bei jedem Glockenschlag um Mitternacht eine Weintraube ißt und sich etwas dabei wünschen kann.
Es schien mir persönlich nur ein wenig gesitteter zu sein, nicht ganz so schrill und etwas zurückhaltender was die Kosten betrifft. Das würde ich mir für Deutschland auch wünschen, die Hälfte aller Sylvesterraketen wären doch auch genug und die Einsparung der anderen Hälfte bliebe für diejenigen die so sehr darauf angewiesen sind, weil sie Hunger haben oder ärztliche Hilfe benötigen, die man damit finanzieren könnte. Forschung und Weiterbildung auf medizinischer Ebene sind ebenso wichtige Investitionsprojekte, für unsere und die Zukunft unserer Kinder und Enkel, in Deutschland und in anderen Ländern dieser Welt.
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